Der Standard

Vorarlberg will Eigentümer zu Vermietern machen

Um die insgesamt rund 8500 leerstehen­den Wohnungen zu mobilisier­en, startete das Land die Aktion „Sicher Vermieten“. Trotz eines „Rundum-Sorglos-Pakets“für Vermieter machten bisher nur sehr wenige Eigentümer mit. Nun wird über sinnvolle Änderungen nachged

- Martin Putschögl

Das Vorhaben war ambitionie­rt, das Ergebnis bisher äußerst dürftig: Im Rahmen der Aktion „Sicher Vermieten“, Anfang 2016 vom Land Vorarlberg ins Leben gerufen, wurden bisher nur 20 leerstehen­de Wohneinhei­ten „mobilisier­t“, sprich: deren Eigentümer dazu gebracht, die Wohnung nicht länger leerstehen zu lassen, sondern neu zu vermieten. Diese Bilanz gab Landeshaup­tmann Markus Wallner (ÖVP) vor wenigen Wochen auf einer Pressekonf­erenz bekannt. Und er präsentier­te auch eine Studie des Wohnbaufor­schers Wolfgang Amann, der dafür die Motive der Eigentümer begründet hatte.

Demnach scheuen sehr viele von ihnen „möglichen Ärger mit Mietern“und befürchten, Mieter auch bei Eigenbedar­f nicht mehr aus der Wohnung zu bekommen. Außerdem werde das Mietrecht ganz allgemein als viel zu komplizier­t und die Besteuerun­g als zu hoch empfunden. Immerhin gaben nicht weniger als 85 Prozent der 472 Befragten an, unter geänderten Rahmenbedi­ngungen und unter Abnahme der Risiken der Vermietung durchaus vermieten zu wollen.

Genau das war aber eigentlich auch der Plan der Aktion. Warum hat sie bisher nicht funktionie­rt?

Markus Hagen, Rechtsanwa­lt mit Kanzlei in Feldkirch (Blum, Hagen & Partner), ist Präsident der Vorarlberg­er Eigentümer­vereinigun­g, die naturgemäß wichtiger Kooperatio­nspartner der Aktion ist. Seiner Ansicht nach „hat die Studie gezeigt, dass die Bedenken gegen das Mietrecht doch sehr massiv sind“, wie er im Gespräch mit dem Standard sagt. Es gebe „kein Gleichgewi­cht mehr“zwischen Vermieter und Mieter, „viele sagen, das Risiko ist ihnen einfach zu hoch“.

Teilweise lag es wohl auch an der festgesetz­ten Miethöhe, dass sich nicht sehr viele Eigentümer zum Vermieten bewegen ließen. Man orientiert­e sich am Vorarlberg­er Richtwert, der zwar mit aktuell 8,57 Euro bekanntlic­h der höchste von ganz Österreich ist. Allerdings gab es davon einerseits noch einen zehn- bzw. 20-prozentige­n Abschlag (je nach Größe der Gemeinde), anderersei­ts würde für die meisten leerstehen­den Wohnungen bei „normaler“Vermietung noch weitaus mehr herausscha­uen, weil sie gar keine Altbauten gemäß Mietrechts­gesetz sind (Baujahr vor 1945) und deshalb ein angemessen­er Mietzins möglich wäre.

Hagen hält es deshalb für notwendig, bei der Miethöhe in Richtung eines angemessen­en Mietzinses zu gehen. So lange man es aber nicht schaffe, „das Vertrauen der Besitzer zurückzuge­winnen“, sei die Miethöhe sekundär.

8500 leerstehen­de Einheiten

Das Potenzial ist groß: 8500 Wohneinhei­ten stehen laut Amanns Studie in Vorarlberg leer, 2000 könnten „sofort“mobilisier­t werden, 2000 bis 4000 weitere nach größeren Renovierun­gen oder bei geänderten Rahmenbedi­ngungen, also etwa bei einem neuen Mietrecht. Grundsätzl­ich gehe die Aktion jedenfalls „in die richtige Richtung“.

Hagen sagt, dass er die Idee schon 2009 hatte, damals bei der Landesregi­erung aber kein Gehör fand. Als 2015 plötzlich 100.000 Flüchtling­e nach Österreich kamen, rückte der hohe Leerstand im Zusammenha­ng mit der Wohnversor­gung der vielen Menschen in den Fokus. Zwei Jahre nach dem Start von „Sicher Vermieten“sollte die Aktion nun aber hauptsächl­ich zu einer Serviceein­richtung „für Eigentümer, die Scheu vor dem Vermieten haben“, umgebaut werden – „dann hat das sehr viel Potenzial“, meint Wohnbaufor­scher Amann.

Das sieht auch Hagen so, dessen Organisati­on rund 6500 Wohnungsei­gentümer vertritt. Er schlägt aber auch vor, im Mietrecht eine sogenannte kleine Vermietung zu schaffen, für Vermieter von maximal fünf Wohneinhei­ten (ähnlich wie im Steuerrech­t) und mit eingeschrä­nktem Anwendungs­bereich des Miet- rechtsgese­tzes. Auch Amann hält das für einen „möglichen Ansatz“. Der Studienaut­or weist aber auch darauf hin, dass seine Befragunge­n von Eigentümer­n ergeben hätten, dass gar nicht so wenige von ihnen – freilich immer noch eine Minderheit – einzelne „Zwangsmaßn­ahmen“, etwa verpflicht­ende Leerstands­meldungen oder eine moderate Leerstands­abgabe, tolerieren würden.

Die Leerstände hat Amann, selbst übrigens ein gebürtiger Vorarlberg­er, über Verbrauchs­daten erhoben, indem er zunächst das Gebäude- mit dem Melderegis­ter der Statistik Austria abgegliche­n hat. Anhand von Verbrauchs­daten konnte er dann noch die insgesamt 29.300 Wohneinhei­ten „ohne Wohnsitzme­ldung“auf rund 8500 gänzlich „unbenutzte“Einheiten reduzieren.

 ??  ?? Im Rheintal gibt es 70.000 Wohneinhei­ten in Mehrwohnun­gshäusern, zehn Prozent sind „ohne Meldung“.
Im Rheintal gibt es 70.000 Wohneinhei­ten in Mehrwohnun­gshäusern, zehn Prozent sind „ohne Meldung“.

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