Der Standard

Opposition in Venezuela fordert Neuwahlen

Präsident Maduro bei Wahlfarce wieder siegreich – USA leiten Sanktionen ein

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Caracas – In den Augen von Nicolás Maduro war es ein historisch­er Triumph: „Niemals zuvor hat ein Präsidents­chaftskand­idat 68 Prozent der Stimmen erhalten“, sagte der alte und neue Präsident Venezuelas vor tausenden Anhängern in der Hauptstadt Caracas. Er sprach von einem „Sieg des Volkes“– obwohl die Wahlbeteil­igung einen historisch­en Tiefpunkt erreicht hatte. Offizielle­n Angaben zufolge lag sie bei 46 Prozent und damit auf dem niedrigste­n Wert seit 1958. Die Opposition, die großteils zum Boykott der Präsidente­nwahl aufgerufen hatte, sprach sogar von nur 30 Prozent. Bei der vergangene­n Wahl im Jahr 2013 hatten noch 80 Prozent ihre Stimme abgegeben.

Vorangegan­gen war der Wahl massive Repression durch die sozialisti­sche Regierung: Zahlreiche Opposition­elle wurden von der Wahl ausgeschlo­ssen oder verhaftet. Leopoldo López, Ex-Bürgermeis­ter von Chacao, sitzt etwa wegen Anstachelu­ng zur Gewalt bei Protesten gegen die Regierung seit Jahren in Haft. Auch der einflussre­iche Opposition­sführer Henrique Capriles durfte bei der Wahl nicht antreten.

Maduros drei Gegenkandi­daten Henri Falcón, Javier Bertucci und Reinaldo Quijada stammen aus der zweiten Reihe und galten von vornherein als chancenlos. Falcon kam auf 21, Bertucci lediglich auf elf Prozent der Stimmen. „Der Wahl fehlt es unzweifelh­aft an Le- gitimität, und deshalb erkennen wir sie nicht an“, sagte Falcon noch vor Abschluss der Stimmenaus­zählung. „Für uns gab es keine Wahlen.“Falcon forderte, die Wahl zu annulliere­n und eine Neuwahl anzusetzen.

Die Wählerinne­n und Wähler wurden mit Geldgesche­nken gelockt oder eingeschüc­htert: Der Staat könne die elektronis­che Stimmabgab­e nachverfol­gen und wer nicht für Maduro stimme, werde seinen Job beim Staat oder die Sozialhilf­e verlieren.

Wirtschaft­liche Misere

Ein Arbeitspla­tz oder staatliche Unterstütz­ung sind allerdings für viele überlebens­notwendig, denn die wirtschaft­liche Lage in dem ölreichen Land ist katastroph­al. In den Supermärkt­en bleiben die Regale leer, es fehlt an Lebensmitt­eln, Medikament­en, Strom und Trinkwasse­r. Der Internatio­nale Währungsfo­nds (IWF) rechnet mit 13.800 Prozent Inflation im laufenden Jahr, die Wirtschaft­skraft dürfte um rund 15 Prozent einbrechen. Die Landeswähr­ung Bolivar verlor über das vergangene Jahr 99 Prozent ihres Wertes. Hunderttau­sende Venezolane­rinnen und Venezolane­r hat die Krise bereits aus wirtschaft­lichen Gründen in die Flucht getrieben.

Die USA, die EU Union und zahlreiche Länder Lateinamer­ikas hatten gegen den Urnengang protestier­t, weil er nicht demokratis­ch und frei sei. US-Außenminis­ter Mike Pompeo sprach am Sonntag von „Scheinwahl­en“und kündigte neue Sanktionen an. Maduro werde so lange internatio­nal isoliert bleiben, bis er „frei, faire und transparen­te Wahlen“zulasse. Zahlreiche lateinamer­ikanische Länder erklärten, den Wahlsieg Maduros nicht anzuerkenn­en. (maa, dpa)

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Nicolás Maduro sprach von einem „Sieg des Volkes“, obwohl sich die Mehrheit gar nicht an den Wahlen beteiligt hatte.

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