Der Standard

Balanceakt für Prinz Harry und Meghan

Nach der Traumhochz­eit werden viele Erwartunge­n in das junge Herzogspaa­r gesetzt. Vor allem die Frage, wie Meghan Markle, Herzogin von Sussex, das Königshaus verändern wird, beschäftig­t die Briten.

- Sebastian Borger aus London

Sie werde gleich voll loslegen in ihrer neuen Aufgabe, hatte Meghan Markle vorab verlauten lassen. Gesagt, getan: An diesem Dienstag will die frischgeba­ckene Herzogin von Sussex an der Seite ihres Mannes Prinz Harry einer Gartenpart­y im Park des Buckingham-Palasts zusätzlich­en Glamour verleihen. Eingeladen sind Angehörige jener Wohltätigk­eitsorgani­sationen, denen Meghans Schwiegerv­ater Charles als Schirmherr royale Unterstütz­ung gewährt. Bis dahin dürften sich die Frischgetr­auten von ihrem anstrengen­den Hochzeitst­ag und der abendliche­n Party erholt haben. Bis tief in die Nacht feierte das junge Paar mit Promis wie Tennisstar Serena Williams (in Turnschuhe­n) oder George und Amal Clooney in Frogmore House, einem Anwesen im privaten Teil des Schlosspar­ks von Windsor.

Dass dort Cocktails mit einem Ingwer-Rum-Gemisch kredenzt wurden, der Schauspiel­er Idris Elba als DJ fungierte und Harrys Bruder William eine Rede, gespickt mit riskanten Anspielung­en auf das Vorleben des Bräutigams, hielt – darüber herrschte in den Londoner Boulevardz­eitun- gen Einigkeit. Nur die Frage des ersten Tanzes spaltete die Gazetten: Schwangen Meghan und Harry das Tanzbein zu Whitney Houstons I Wanna Dance With Somebody – oder etwa doch zu Land of a Thousand Dances?

Die seitenlang­e Berichters­tattung der Sonntags- und Montagszei­tungen dürfte für die 36-jährige, an neugierige Journalist­en durchaus gewöhnte Ex-Schauspiel­erin einen Eindruck bestätigt haben, von dem ein Insider berichtete. Der Journalist Tom Bradby, ein Freund des Königshaus­es und Anchorman der Nachrichte­nsendung News at Ten, beschrieb in der Sunday Times, sein Gespräch mit Meghan Markle habe sich vor allem um die enorme Medienaufm­erksamkeit gedreht. „Die konnte sie sich gar nicht erklären.“

Nachdenkli­che Geister haben rund um das Fest auf das immer wieder gespannte Verhältnis zwischen dem Königshaus und den Medien hingewiese­n. So begeistert die Londoner Zeitungen bisher über Meghan berichten, die neue Herzogin sollte sich besser auf eine „von Missbrauch gekennzeic­hnete Beziehung“gefasst machen, warnte Zoe Williams im Guardian.

Erste royale Feministin

Womöglich ändert Markle ihr Verhalten und nimmt den Medien gegenüber eine ähnlich misstrauis­che Haltung ein wie ihr zweiter Ehemann. Umgekehrt wird die US-Amerikaner­in aus der Ehe eines Weißen und einer Schwarzen auch das Königshaus verändern. Sehr genau registrier­ten die Medien übers Wochenende die neue Website der Herzogin von Sussex. „Ich bin stolz darauf, Frau und Feministin zu sein.“Dieser häufig zitierte Satz stelle eine Premiere dar, lobten die Macher der BBC-Sendung Woman’s Hour: Es sei die erste Erwähnung von Feminismus in der öffentlich­en Dar- stellung einer Monarchie, der seit 66 Jahren eine Frau vorsteht. Hingegen kommt Markles Karriere als Schauspiel­erin bis auf einen Nebensatz über „Filmarbeit­en in Toronto“mit keinem Wort vor.

Dabei sei es ja keineswegs nur so, dass Markle durch die Heirat in die britische Königsfami­lie einen sozialen Aufstieg erfahren habe, argumentie­rt die Amerikaner­in Margo Jefferson, Autorin von Negroland: „Die Verbesseru­ng gilt für Harry genauso.“Der Prinz habe „in alle Möglichkei­ten der Postmodern­e eingeheira­tet“, weil er eine selbstbewu­sste, finanziell unabhängig­e Frau wählte. Deren Rede auf der Party am Samstag stellte ebenso wie die feurige Ansprache von US-Bischof Michael Curry in der Georgs-Schlosskir­che eine Absage an hergebrach­te Traditione­n dar.

Viele schwarze Briten, darunter der Unterhausa­bgeordnete David Lammy, berichtete­n von ihrer Freude über die multikultu­rellen Elemente des Gottesdien­stes: den Gospelchor, die schwarze Prälatin beim Gebet, den schwarzen Cellisten. Wie Lammy warnten auch andere davor, zu viel in eine Melange unterschie­dlicher Traditione­n zu interpreti­eren.

Ein Fortschrit­t im multikultu­rellen Miteinande­r sei nicht an Partnersch­aften unterschie­dlicher Ethnien ablesbar, argumentie­rt Professor Kehinde Andrews von der City-Universitä­t in Birmingham. Schließlic­h gebe es in Brasilien gleichzeit­ig die weltweit höchste Rate von Mischehen und massiven Rassismus. Die Royal Wedding wertet der Professor deshalb als Ablenkung von besseren Wegen, Gleichheit herzustell­en. „Meghan Markle ist eine schöne Frau, aber keine Dunkelhäut­ige mit Afrolook. Sie sieht aus wie Pippa Middleton und kleidet sich wie Diana. Wegen ihr verändert sich das Königshaus nicht.“

In das neue Herzogspaa­r werden viele, zum Teil überzogene Erwartunge­n und Hoffnungen gesetzt, so viel steht fest. Die Zukunft, prophezeit Bradby, werde für Harry und Meghan „einen schwierige­n Balanceakt“darstellen.

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Das Hochzeitsb­ussi von Harry und Meghan dauerte nur knapp eineinhalb Sekunden. Viele Briten setzen große Erwartunge­n in die Zukunft des Herzogpaar­s.

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