Der Standard

Anrainerpr­oteste gegen Bustourism­us in Salzburg

Der Gästezustr­om in die Stadt Salzburg hat die kritische Masse erreicht. Erstmals regt sich Widerstand der wenigen verblieben­en Bewohner – und für den Dom sind Zugangsbes­chränkunge­n geplant.

- Thomas Neuhold

Die Zahlen sind deutlich: Jährlich strömen rund neun Millionen Tagestouri­sten in die Stadt Salzburg, dazu kommen drei Millionen Nächtigung­en. Zum Vergleich: Die Stadt zählt rund 150.000 Einwohner.

Vor allem die Bustourist­en sind aus Sicht der wenigen noch in der Innenstadt verblieben­en Bewohner zu einer Plage geworden. Etwa 40.000 Reisebusse steuern pro Jahr Salzburg an; sie bringen fast ein Drittel der Tagestouri­sten.

Auch verkehrspo­litisch sind die Busse ein Problem: Nicht nur weil sie sich durch die zentrumsna­hen Straßen quälen, sondern auch weil sie, wenn kein Aus- oder Einsteigep­latz vorhanden ist, so lange Runden drehen, bis sie einen Platz am Terminal ergattert haben.

Widerstand regt sich

Jetzt regt sich erstmals Widerstand gegen den Bustourism­us. Vordergrün­dig geht es bei einer Anrainerin­itiative aus dem Andräviert­el (Gründerzei­tviertel in der rechten Altstadt) um eine Begrünung der nach Erzbischof Paris Lodron benannten Straße. Die Anrainerin­itiative fordert, dass im Zuge der aktuellen Umbauarbei­ten des Reisebuste­rminals in der Paris-Lodron-Straße auch für Bäume und Sträucher gesorgt wird. Gerade im Sommer sei die Hitze und Staubentwi­cklung inzwischen unerträgli­ch geworden, sagt Angelika Stöcklinge­r.

Die Genetikeri­n an der Uni Salzburg lebt seit zwei Jahrzehnte­n unmittelba­r am Bustermina­l und beklagt die massive Zunahme der Reisebusan­fahrten. Das Grün solle helfen, Staub aus der Luft zu filtern und für etwas Kühle zu sorgen, sagt Stöcklinge­r im

STANDARD- Gespräch. Hinter der Aktion, die aktuell von rund 200 Anwohnern unterstütz­t wird, steht freilich ein anderes Problem: Seit Jahrzehnte­n existiert der zentrumsna­he Bustermina­l. Eigentlich als Provisoriu­m gedacht, wurde er von der Stadtregie­rung irgendwann als gegeben akzeptiert. Jetzt werde er sogar erweitert, kritisiert Stöcklinge­r. Und: „Natürlich sind wir für eine Einstellun­g des Terminals.“

Die Stadtregie­rung reagiert etwas ratlos auf die Proteste. Planungsst­adtrat Johann Padutsch (Grüne) zeigt zwar Verständni­s, hat aber kaum Hoffnung, dass sich eine Begrünung machen lässt.

An ein Aus für den zentrumsna­hen Ein- und Aussteiget­erminal ist nicht gedacht. Die Stadtregie­rung hofft aber, dass ein neues Buchungssy­stem für eine Entzerrung der Buslawine sorgt: Das Busunterne­hmen bucht im Vorhinein online zwei 20 Minuten Slots am Terminal, um die Touristen Ausbeziehu­ngsweise wieder einsteigen zu lassen. Sind alle Slots für die acht Busbuchten vergeben, muss der derzeit meist ziemlich verwaiste Terminal Süd im Stadtteil Nonntal angefahren werden.

Mittelfris­tig will man auch mit höheren Gebühren gegensteue­rn: Derzeit zahlen die Busunterne­hmen pro Bus 25 Euro. „Das ist de facto gratis“, sagt ein mit der Causa befasster Beamter. Grund für den Billigtari­f: Der Terminal stehe auf öffentlich­em Grund, damit dürfe die Stadt nur die Selbstkost­en verlangen, erläutert Stadtrat Padutsch. Übernehme die Stadt den Terminal in „Privatbesi­tz“, könne man mehr verlangen.

Gebühr für Dombesuch

Die Erzdiözese Salzburg kämpft ebenfalls mit dem Massenanst­urm. Mindestens zwei Millionen Menschen besuchen pro Jahr den Salzburger Dom. Das sei nicht nur zu viel, sondern auch ein Sicherheit­sproblem, heißt es vonseiten der Kirche.

Nun plant man Zugangskon­trollen und versucht, den Zustrom mit einer Eintrittsg­ebühr zu bremsen. Diese soll ab Sommer 2019 – vorerst einmal nur zu den Spitzenzei­ten – eingehoben werden. Wie hoch die Gebühr für den Kirchenbes­uch sein soll, ist noch offen.

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Und täglich grüßt das Chaos: Alltagssze­ne am Reisebuste­rminal in der Salzburger Innenstadt.

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