Der Mafioso als trauriger Liebesesel
„L’italiana in Algeri“bei den Salzburger Pfingstfestspielen
Salzburg – In der Spätblüte seiner Testosteronpower entwirft Mustafà, im Haus für Mozart ein Mafioso, erotische Rettungsfantasien: Das Begehren seiner Gattin Elvira (witzig: Rebeca Olvera) ist ihm lästig. Eine Dame aus der Ferne muss her, um die Reste patriarchaler Vitalität zu mobilisieren. Isabella allerdings ist dem Rüpel, der gern im weißen Mercedes vorfährt, eine Taktiknummer zu groß. Nun denn: Die Dame im Doppelstress – Cecilia Bartoli ist Leiterin und Hauptdarstellerin der Salzburger Pfingstfestspiele – erteilt dem alten Gockel in Rossinis L’italiana in Algeri Lektion um Lektion. Während er allerlei Vertröstungen bewältigen muss, erklimmt er nach und nach höchste Gipfel der Lächerlichkeit. Mitunter während Isabella ein Schaumbad nimmt.
In der grellen Regie von Moshe Leiser und Patrice Caurier ist Isabella also eine selbstbewusst den Liebesesel zähmende Dame. Und Mustafà ist bei Peter Kálmán (vokal von etwas rostigem Charme) in effektvoll das Peinliche dieser Figur zelebrierenden Händen. Aus den heiter-feurigen Koloraturen des Stücks erwächst denn auch humoriges Musiktheater, das kein Klischee auslässt.
Ab in den Brunnen
Die Partie der Isabella, welche nicht nur virtuose Koloraturkunst fordert, liefert aber Belege für Bartolis Fähigkeit, musikalische Linien als Ausformungen szenischer Energie darzustellen. Dabei entsteht Dichte. Ansonsten pendelt die Regie zwischen verspielter Blödelei und kleinen Überraschungen: Im Filmchen tanzen und schmusen Kamele, Fauteuils bekommen ihr Ballett. Und zu sehen ist, wie Marcello Mastroianni einer gewissen Anita Ekberg in den Trevi-Brunnen folgt. So wie es Fellini in La dolce vita vorsah. Staunend ist auch ein Stoffkamel Zeuge eines Verwirrspiels, an dessen Ende Isabella und die befreiten Sklaven (italienische Nationalkicker) auf einer Yacht fliehen.
Ein gutes Ensemble: Makellos Edgardo Rocha (Lindoro), respektabel Alessandro Corbelli (Taddeo), José Coca Loza (Haly) und Rosa Bove (Zulma). Dirigent JeanChristophe Spinosi und das Ensemble Matheus sind ihnen angenehme Partner. Da fehlt zwar eine gewisse Klangfülle. Aber Rossinis virtuose Komödiantik und süffige Melodik werden pointiert dargeboten. Bei den Salzburger Festspielen kommt das Verwirrspiel übrigens wieder.