Der Standard

Von der Schluckstö­rung zur Mangelernä­hrung

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Für die unter Jugendlich­en erschrecke­nd weit verbreitet­en Essstörung­en hat sich längst ein gewisses Problembew­usstsein in der Öffentlich­keit gebildet. Weniger bekannt ist dagegen, dass auch sehr viele ältere Menschen mangelernä­hrt sind. Ursachen sind u. a. Kauproblem­e, Appetitver­lust, der im Alter veränderte Energie- und Nährstoffb­edarf oder Schluckstö­rungen (Dysphagie), an denen 15 Prozent aller über 65-Jährigen leiden, ab 80 sogar mehr als ein Drittel.

Aus diesem Grund wurde von der FH Gesundheit­sberufe Oberösterr­eich in Kooperatio­n mit dem Land Oberösterr­eich vor einem Jahr das Dysphagie-Projekt ins Leben gerufen. „Schluckstö­rungen treten meist aufgrund neurologis­cher Erkrankung­en wie Schlaganfa­ll, Morbus Parkinson etc. auf, können aber auch durch Tumoren oder Entzündung­en im Bereich des Mundes oder der Speiseröhr­e verursacht werden“, erklärt die Diätologin und Nachwuchsf­orscherin Sonja Grünzweil.

Um zu erheben, wie es um die Versorgung geriatrisc­her Dysphagiep­atienten bestellt ist, hat sie gemeinsam mit dem Projekttea­m entspreche­nde Fragebögen konzipiert und an oberösterr­eichische Pflegeeinr­ichtungen verschickt. „Zunächst wollen wir damit einen Einblick in die diätologis­che Versorgung der Betroffene­n bekommen, erfahren, ob regelmäßig Gewicht und Ernährungs­zustand der Senioren überprüft werden, erkunden, wie die Atmosphäre beim Essen ist.“Neben der Ermittlung der Ist-Situation sollen in diesem Rahmen auch Empfehlung­en zur Optimierun­g der ernährungs­medizinisc­hen bzw. diätologis­chen Versorgung an die Einrichtun­gen gelangen. „Ein wesentlich­es Anliegen ist uns dabei vor allem die Sensibilis­ierung der Verantwort­lichen für das bei alten Menschen immer wieder auftretend­e Problem der Mangelernä­hrung“, betont Sonja Grünzweil.

Zur Diätologie ist sie im zweiten Bildungswe­g durch eine persönlich­e Erfahrung gekommen: „Als mein Vater an Diabetes erkrankte, bin ich mit ihm gemeinsam zur Diabetes-Schulung gegangen und habe eine Menge über richtige Ernährung gelernt“, erzählt die 29-Jähri- ge. Das hat doch einiges in Bewegung gesetzt: einerseits eine radikale Ernährungs­umstellung bei Vater und Tochter, anderersei­ts die Entscheidu­ng für eine neue Ausbildung und einen auch völlig anderen Beruf. „Ursprüngli­ch habe ich ja Kommunikat­ion, Wissen, Medien in Hagenberg studiert und im OnlineMark­eting gearbeitet“, lacht Sonja Grünzweil. Dann kam eben das Studium der Diätologie an der FH Gesundheit­sberufe in Oberösterr­eich.

Mittlerwei­le arbeitet sie als wissenscha­ftliche Mitarbeite­rin an der Fachhochsc­hule sowie als freiberufl­iche Diätologin. Wie sich das auf ihre persönlich­en Ernährungs­gewohnheit­en auswirkt? „Durch mein Wissen esse ich sicher bewusster, aber der Genuss darf trotzdem nicht zu kurz kommen.“Und weil sie weiß, dass in Stresssitu­ationen die guten Vorsätze als Erstes über Bord gehen, spielt in ihren Beratungen der richtige Umgang mit dem „Rückfallpr­oblem“eine ebenso große Rolle wie die schrittwei­se Annäherung an eine gesündere Ernährung. (grido)

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Sonja Grünzweil untersucht die Ernährung bei geriatrisc­hen Patienten mit Schluckstö­rungen.

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