Einigung in Italien
Italiens populistische Anti-System-Parteien haben sich erneut auf eine gemeinsame Regierung geeinigt – diesmal unter Einbeziehung der Postfaschisten. Als Premier wird abermals Giuseppe Conte vorgeschlagen, der seine Regierungsträume eigentlich schon begra
Man habe sich doch mit der Lega auf eine Regierung geeinigt, verkündete Fünf-Sterne-Chef Luigi di Maio Donnerstagabend.
Aus Rom ist wieder einmal ein Durchbruch bei den Verhandlungen zur Bildung einer Regierung zu vermelden: Wenn nicht alles täuscht, wird Italien nun vielleicht doch von einer Koalition aus der Protestbewegung Cinque Stelle und der rechtsradikalen Lega regiert werden. Soweit war man in Rom vor einer Woche schon einmal gewesen – doch dann war die Populisten-Regierung in letzter Sekunde noch geplatzt: Lega-Chef Matteo Salvini hatte darauf bestanden, dass der illustre EuroGegner und Ökonom Paolo Savona Finanz- und Wirtschaftsminister wird – und Staatspräsident Sergio Mattarella hatte ein Veto eingelegt.
Der 81-jährige Savona soll laut den neuesten Regierungsplänen nun Europaminister werden; als neuen Finanz- und Wirtschaftsminister schlagen die Koalitionspartner an seiner Stelle einen gewissen Giovanni Tria vor, Wirtschaftsprofessor der Römer TorVergata-Universität.
Postfaschisten dabei
Neu ist auch, dass diesmal die postfaschistischen „Fratelli d’Italia“ebenfalls in die Koalition eintreten sollen, wenn auch ohne Ministerposten. Es heißt, dass der linke Flügel der Cinque Stelle über die neuen Partner nicht begeistert sei. Premier soll, wie beim ersten Versuch, der Rechtsprofessor Giuseppe Conte werden, der letzte Woche seine Regierungsträume bereits aufgegeben hatte und nach Florenz zurückgekehrt war.
Conte war am Donnerstag dann wieder nach Rom zurückgekehrt, um im Parlamentsgebäude Montecitorio an den Koalitionsverhandlungen von Cinque Stelle, Lega und „Fratelli d’Italia“teilzunehmen. Etwas skurril wirkte dabei der Umstand, dass im gleichen Palazzo zeitgleich ein anderer designierter Regierungschef, der Ökonom Carlo Cottarelli, ebenfalls dabei war, eine Ministerliste zusammenzustellen. Cottarelli war am vergangenen Montag von Staatspräsident Mattarella mit der Bildung einer Übergangsregierung beauftragt worden, nachdem die Populisten-Koalition unter Conte am Sonntagabend an der Personalie Savona gescheitert war.
Cottarelli und sein Kabinett hätten Italien lediglich zu baldigen Neuwahlen Ende Juli oder im Herbst führen sollen. Diese wären nun vom Tisch, falls sich die gestrige Einigung von Cinque Stelle, Lega und Fratelli d’Italia als dauerhaft erweisen und Mattarella dieser Liaison seinen Segen geben sollte. Wie immer, wird Mattarella sowohl bei der Ernennung des Regierungschefs als auch der Minister das letzte Wort haben. Offen ist insbesondere noch, ob er Savona auf dem Posten des Europaministers für ausreichend politisch entschärft halten wird – und ob der als eigenwillig bekannte Professor seine Degradierung akzeptieren wird.
Latente Gefahr für Euro
Zumindest die Opposition hält die Gefahr eines Euro-Austritts mit der Versetzung Savonas für keineswegs gebannt. Man sei seit Wochen dazu verdammt, „Zeuge eines schändlichen Theaters von Zauberlehrlingen“zu sein, erklärte der geschäftsführende Minister für wirtschaftliche Entwicklung, der Sozialdemokrat Carlo Calenda. Die neue Regierung werde „innerhalb von wenigen Wochen die Ersparnisse der Italiener vernichten“, und dafür sei nicht einmal ein Austritt aus dem Euro erforderlich. „Sie werden Italien in einen Staatskonkurs führen“, zeigte sich Calenda überzeugt.
Die Sorge ist nicht unbegründet: Das Koalitionspapier der neuen Regierung enthält eine massive Steuersenkung, ein tieferes Rentenalter und ein Bürgereinkommen, die den hochverschuldeten italienischen Staat jährlich zwischen 108 und 125 Milliarden Euro zusätzlich belasten würden.