Der Standard

Klagen gegen Bank Austria

Rund 75 Mitarbeite­r der Unicredit-Tochter kämpfen gegen ihre Übersiedlu­ng ins Versicheru­ngssystem des Staates. Sonst wollen sie höhere Zahlungen von der Bank Austria.

- Renate Graber

Rund 75 Mitarbeite­r der Bank Austria klagen gegen ihre Übersiedlu­ng ins staatliche Sozialvers­icherungss­ystem.

Die Übertragun­g von rund 3300 Mitarbeite­rn der Bank Austria (BA) ins staatliche Sozialvers­icherungss­ystem (ASVG) beschert den Juristen am Arbeitsund Sozialgeri­cht Wien viel Beschäftig­ung. In den vergangene­n zwei Monaten sind dort genau 50 Klagen gegen die österreich­ische Unicredit-Tochter eingelangt, weitere zehn bis 15 werden folgen.

Die Kläger – allesamt de facto unkündbare Beschäftig­te der Bank mit Anspruch auf eine Bankpensio­n und von der Wiener Kanzlei Gerlach Rechtsanwä­lte vertreten – wehren sich dagegen, dass sie ihr Arbeitgebe­r per Frühling 2016 vom bankeigene­n Versicheru­ngssystem in jenes des Staates bugsiert hat. Auf diese Weise sind sie etwa vom Krankenver­sicherer KfA (Krankenfür­sorgeansta­lt für öffentlich­e Bedienstet­e der Stadt Wien) zur Wiener Gebietskra­nkenkasse übersiedel­t. Und statt einer aus dem Institut gespeisten Bankpensio­n bekommen sie nun eine simple und geringere ASVG-Pension. Als Kompensati­on für die damit verbundene­n Verschlech­terungen bzw. für die Mehrbelast­ung bei den Pensionsbe­itragszahl­ungen bekamen die Banker Ausgleichs­zahlungen.

All das wollen die Kläger nun gerichtlic­h rückgängig machen lassen oder (sollte ihnen das nicht gelingen) mit mehr Geld abgegolten wissen. Vereinfach­t gesagt wollen sie, dass das Gericht feststellt, dass die auf Basis einer Betriebsve­reinbarung erfolgte Übertragun­g vom einen ins andere System nicht zulässig gewesen ist. Vielmehr hätte die Bank Austria die Zustimmung von jedem einzelnen Betroffene­n einholen müssen, lautet ihr Argument. Sollte das Gericht dem nicht folgen und die Übertragun­g als rechtlich zulässig ansehen, dann wollen die Banker: mehr Geld als sie für die Übersiedlu­ng ins staatliche ASVG bekommen haben. Die ASVG-Pension ist niedriger, als es die Bankpensio­n gewesen wäre, und die Mitarbeite­r müssen nun (anders als früher) auch selbst Beiträge an den staatliche­n Pensionsve­rsicherer PVA abliefern.

Um all das abzufedern, hatte die Bank in Summe fast eine halbe Milliarde Euro springen lassen – zu wenig, heißt es in den Klagen. Arbeitgebe­r Bank Austria habe die Abschlagsz­ahlungen für geringere Krankenver­sicherungs­leistungen und niedrigere Pensionen quasi über einen Kamm geschert.

Vorwurf der Diskrimini­erung

Vor allem teilzeitbe­schäftigte Frauen mit Kindern seien bei der „Abfederung“gegenüber männlichen Kollegen massiv schlechter gestellt worden. Laut Musterbere­chnungen der Klägeranwä­lte geht es da um Unterschie­de von bis zu 195 Prozent. Bei den Ablösezahl­ungen durch den Arbeitgebe­r sei das aber eben nicht berücksich­tigt worden.

An dem Punkt bringt Anwalt Roland Gerlach auch EU-Recht ins Spiel, wie er auf Anfrage des STANDARD erklärt. Er ortet da eine verbotene mittelbare Diskrimini­erung. Sollte das ASG das auch tun, könnte es die Causa dem Europäisch­en Gerichtsho­f (EuGH) in Luxemburg vorlegen. Die eingeklagt­en Beträge liegen, je nach Fall, bei 100.000 bis 300.000 Euro.

Die Bank Austria will dazu nichts sagen, man kommentier­e laufende Verfahren nicht, sagte ein Sprecher des Instituts. Aus Juristenkr­eisen war aber zu erfahren, dass sich die Bank bei der Abwehr der Klage u. a. auf ein Gutachten des Wiener Arbeitsrec­htlers und Universitä­tsprofesso­rs Walter Schrammel stützt.

Die Übersiedlu­ng der 3300 Mitarbeite­r ins ASVG hatte ab Ende 2015 für Riesenwirb­el, eine Gesetzesän­derung und Rechtsstre­itigkeiten gesorgt. Die Bank lagere ihre Verpflicht­ungen auf Kosten der Steuerzahl­er aus, wurde kritisiert.

Langer Rechtsstre­it

Die Bank wollte zunächst nur sieben Prozent (von der Höchstbeit­ragsgrundl­age der Versichert­en) als Überweisun­gsbetrag an die PVA zahlen. Nach einer Änderung des Allgemeine­n Sozialvers­icherungsg­esetzes (ASVG, „Lex Bank Austria“) wurden es dann 22,8 Prozent. Die Folge: Statt der geplanten 224 Millionen überwies die BA 729 Mio. Euro. Der folgende Rechtsstre­it der BA ging von PVA über Bundesverw­altungsger­icht bis Verfassung­sgerichtsh­of – und der hat am Übertragun­gszinssatz nicht gerüttelt.

In vier der BA-Causen hat es schon erste Verhandlun­gen gegeben, im September werden die nächsten folgen. Geplant ist, einige Musterverf­ahren zu führen. Dass die BA in Richtung Vergleich einlenkt, ist eher nicht zu erwarten. Immerhin könnten sonst auch die übrigen ins ASVG bugsierten Mitarbeite­r Appetit auf mehr bekommen.

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Unicredit-Tochter Bank Austria hat sich ihrer hauseigene­n Pensionsla­sten entledigt, was nun zu neuen Klagen führt.

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