Abgang eines Fußballgotts
Österreichs Fußballteam überzeugte beim 1:0-Sieg gegen den schwachen WM-Gastgeber Russland. Nun wird gegen Deutschland und Brasilien getestet, nach diesen beiden Spielen wird Teamchef Franco Foda noch mehr wissen.
Zinedine Zidane trat nach zweieinhalb Jahren und drei Champions-LeagueSiegen einigermaßen überraschend als Trainer von Real Madrid zurück. „Das Team soll weiter gewinnen, braucht eine Veränderung“, sagte er. Cristiano Ronaldo schrieb: „Ich bin stolz, dein Spieler gewesen zu sein.“
Innsbruck/Klagenfurt – Stanislaw Tschertschessow soll einen guten Draht zu Wladimir Putin haben. Nach der Heim-WM dürfte es trotzdem Änderungen geben, nicht Putin betreffend, der bleibt Präsident. Was die russische Fußballnationalmannschaft am Mittwochabend in Innsbruck fabrizierte, war beeindruckend schlecht, famos harmlos. Den sehr soliden Österreichern war das nicht unrecht, sie siegten durch ein Tor des Tirolers Alessandro Schöpf hochverdient mit 1:0.
Die russische Presse war schockiert, Kommersant schrieb: „Es gab keine Willen, keinerlei Andeutung, dass man einen Sieg anstrebt, und Leere im Angriff.“Sowjetski
urteilte so: „Russland hat versagt, und das hat gar nicht so sehr mit dem Ergebnis zu tun, sondern damit, was wir auf dem Feld gesehen haben. Oder genauer gesagt damit, was wir nicht gesehen haben. Werden wir jetzt Asche auf unser Haupt schütten? Eine Ode der Mutlosigkeit.“Tschertsches- sow wird Sturheit und mangelnde Pädagogik vorgeworfen. Das trifft auf seinen Kollgen Franco Foda natürlich überhaupt nicht zu.
Der 52-jährige Deutsche ist mit nun vier Siegen als österreichischer Teamchef gestartet, besser ist nur das Duo Georg Schmidt / Felix Latzke im Jahr 1982 gewesen (fünf Erfolge). Da die beiden letzten Partien in der Ära Marcel Koller auch gewonnen wurden, hält die ÖFB-Auswahl bei sechs. Siebenmal in Folge siegreich ist nur das legendäre Wunderteam unter Hugo Meisl gewesen, zwischen Dezember 1933 und Mai 1934.
Foda und seine Mannen sind am Donnerstag von Innsbruck nach Klagenfurt geflogen, dort wird am Samstag die „Mini-WM“gegen Deutschland fortgesetzt. Am 10. Juni wird sie in Wien gegen Brasilien abgeschlossen, Foda: „Einer der beiden wird in Russland den Titel holen.“
Das Spiel in Innsbruck sei „extrem wichtig“gewesen. „Wir haben wieder Vertrauen getankt.“ Die taktische Bandbreite wächst und wächst, Österreich ist in der Lage, die Spielanlage mehrmals zu verändern. Foda kann aus dem Vollen schöpfen, das Land besitzt 30 bis 40 hochqualifizierte Kicker. Verteidiger Martin Hinteregger hat mit der georderten Flexibilität kein Problem. „Wir sind ja auch keine Trottel.“Gegen Russland imponierte der 24-jährige Peter Zulj von Sturm Graz bei seinem Startelfdebüt, er wurde von den Trainern und Managern der Bundesliga zum Spieler der Saison gewählt. Zulj war mutig, bewahrte Ruhe am Ball, war am Aufbau maßgeblich beteiligt. Das ist dem erneut starken Marko Arnautovic nicht entgangen. „Großes Lob, einfach überragend, wirklich Chapeau.“Zulj sagte: „Ich habe versucht, dass ich meine Leistung bringe wie in der Liga. Das habe ich, glaube ich, ganz gut gemacht.“
Schnäppchen
Jose Mourinho hat sich die Partie live am Tivoli angeschaut, das Interesse des Trainers von Manchester United hat wohl Arnautovic gegolten. West Ham United würde den 29-Jährigen (Vertrag bis 2022) angeblich für 57 Millionen Euro ziehen lassen. In der nicht ganz gesunden Welt des Fußballs wäre das fast ein Schnäpp- chen. Arnautovic: „Es ist natürlich eine Ehre, dass er zu uns zuschauen kommt. So eine Summe hört man, aber ob es die Wahrheit ist, das weiß ich nicht. Ich bin jetzt im Nationalteam und konzentriere mich noch auf die letzten zwei Spiele. Und dann geht es in den Urlaub, den ich mir verdient habe.“Foda über den Besuch des Portugiesen: „Fakt ist, dass Marko in jeder Topmannschaft spielen kann, auch bei Manchester United, weil er einfach diese Qualität hat.“
Die Deutschen strotzen nur so vor Qualität, sie reisen am Matchtag aus Südtirol an und ab. Sebastian Prödl spricht von einem „richtigen Gradmesser. Es können zwei Welten sein am Samstag, das müssen sie aber nicht sein.“Das ÖFBTeam sei unter Foda gereift, der Abwehrchef ortet „Aufbruchstimmung“. Wohlwissend, dass die entscheidenden Spiele erst ab Herbst in der Nations League und dann 2019 in der EM-Quali steigen. „Die sind aber nicht mehr so weit weg.“Man wolle Weltmeister Deutschland fordern und ärgern. „Wenn die einen Flow haben, sind sie unglaublich. Wenn nicht, sind sie immer noch besser als andere. Wir werden sehen, wo unsere Grenzen sind und wo noch Potenzial nach oben ist.“(hac, APA)