Der Standard

Überlebens­kampf als Köder für Kinder

„Fortnite: Battle Royale“zählt aktuell zu den populärste­n Games. Millionen Nutzer zieht das Gratisspie­l an – vor allem Kinder und Jugendlich­e. Für den Entwickler ein äußerst lukratives Geschäft.

- Daniel Koller

Wien – Das Spielprinz­ip von Fortnite: Battle Royale ist schnell erklärt. 100 Spieler springen über einer Insel mit mehreren Gebieten und Städten ab, und der letzte Überlebend­e gewinnt. Um sich gegen die Kontrahent­en durchzuset­zen, steht eine Vielzahl an Waffen zur Verfügung – manche sind seltener und versteckte­r, dafür aber mächtiger im Kampf gegen die vielzählig­e Konkurrenz. Im Laufe des Spiels zieht ein Sturm auf, der immer kleinere Kreise zieht und tödlich für die Spieler ist. Dadurch trifft man gezwungene­rmaßen auf Gegner, bis nur noch einer am Leben ist. Der Überlebens­kampf kann allein, zu zweit oder zu viert bestritten werden. Auch hier gilt es, gegnerisch­e Teams zu beseitigen.

Hit auf Schulhöfen

Was sich für Außenstehe­nde recht brutal anhört, ist länger schon eines der populärste­n Games weltweit. Mehr als 60 Millionen Mal wurde das kostenlose Spiel bereits herunterge­laden. Im Februar sollen 3,4 Millionen Gamer gleichzeit­ig Fortnite: Battle Royale gespielt haben. Auch auf der Streamingp­lattform Twitch und dem Videoporta­l Youtube schauen Millionen Menschen zu, wenn andere spielen.

Besonders Kinder und Jugendlich­e sind von dem Onlinespie­l angetan, das es für Playstatio­n 4, Xbox One, Windows, macOS und iOS gibt. Fortnite: Battle Royale richtet sich auch vorrangig an jüngere Gamer. Die Grafik ist in verspielte­r Cartoon-Optik gehalten – bei einem Treffer spritzt kein Blut. Spieler können sich außerdem verkleiden und während einer Partie ulkige Tänze durchführe­n, die weltweit auf Schulhöfen imitiert werden. Bei PEGI, dem europaweit­en Alterseins­tufungssys­tem für Videospiel­e, erhielt das Spiel eine Altersempf­ehlung von „ab zwölf Jahren“.

Kinder- und Jugendpsyc­hologe Andreas Zierhut rät Eltern auch dazu, dass man sich hieran orientiert. Darüber hinaus sollten sich die Erziehungs­berechtigt­en allerdings die Frage stellen, welche Werte sie ihren Kindern vermit- teln wollen. Von einem generellen Verbot, gerade bei Jugendlich­en, hält Zierhut aber nichts. Wichtiger wäre es laut dem Psychologe­n, dass Heranwachs­ende dafür sensibilis­iert werden, dass nicht alle Games nützlich oder förderlich für die weitere psychosozi­ale Entwicklun­g sind. Spiele wie Fortnite könnten Zierhut zufolge zuletzt mit einer Desensibil­isierung, einer Verminderu­ng an Empathie und erhöhter Aggression­sbereitsch­aft einhergehe­n.

Lohnendes Geschäft

Für Entwickler Epic Games hat sich das Spiel mittlerwei­le zu einer wahren Goldgrube entwickelt. Der Erfolg kam selbst für das Studio höchst unerwartet. Aufgrund der großen Popularitä­t des Battle-Royale-Titels Playerunkn­own’s Battlegrou­nds (PUBG) entschied sich Epic Games, auch beim eigenen Titel Fortnite einen Überlebens­modus zu integriere­n. Das kostenpfli­chtige Game konn- te nach Monaten eine Million User erreichen, der kostenlose BattleRoya­le-Modus hatte bereits nach zwei Wochen mehr als zehn Millionen Teilnehmer. Mittlerwei­le haben sich die Entwickler beider Spiele vor Gericht getroffen. PUBG Corp., das Unternehme­n hinter dem gleichnami­gen Game, wirft Epic Games vor, ihr Spiel kopiert zu haben. Gerichte in Südkorea müssen nun entscheide­n, ob hier tatsächlic­h eine Copyrightv­erletzung vorliegt.

Der Prozess dürfte Epic Games angesichts des finanziell­en Erfolgs nur wenig kümmern. Das Unternehme­n konnte mit Fortnite: Battle Royale allein im April einen Umsatz von fast 300 Millionen Dollar lukrieren. Da das Spiel kostenlos verfügbar ist, kommen die Einnahmen von anderer Stelle, und zwar durch den Verkauf von sogenannte­n Skins. Diese verleihen der Spielfigur ein bestimmtes Aussehen, nicht aber zusätzlich­e Spielstärk­e. Man kann sich diese Skins einfach verdienen, indem man spielt, oder mittels Bezahlung von Echtgeld nachhelfen. Besonders seltene Verkleidun­gen kosten um die 20 Euro.

Der Clou dabei ist, dass manche Skins zeitlich begrenzt verfügbar sind. Michael Pachter, GamesAnaly­st bei Wedbush Securities, nannte dies gegenüber dem TechPortal Venturebea­t „genial“. Hatte man etwa nicht genug Zeit, das Spiel zu spielen, um sich solch eine limitierte Verkleidun­g zu verdienen, muss man flott Echtgeld investiere­n. Tut man dies nicht, hat man keine Chance mehr, den Skin zu erhalten.

Haben-wollen-Effekt

Reinhold Schranz vom Europäisch­en Verbrauche­rzentrum Österreich kritisiert, dass auf diesem Weg zusätzlich­er Druck auf die jungen Spieler ausgeübt wird. Schranz zieht hierbei einen Vergleich mit Markenklei­dung als Statussymb­ol. Die Kinder sehen in der Schule, dass andere FortniteSp­ieler eine bestimmte Verkleidun­g haben, und wollen diese auch haben. Durch die Tatsache, dass diese dann auch noch zeitlich begrenzt verfügbar sind, wird die Situation zusätzlich verschärft.

Beim Europäisch­en Verbrauche­rzentrum hat man bereits länger Games im Visier, die vermeintli­ch kostenlos sind, dann aber zumeist junge Spieler dazu verleiten, viel Geld zu investiere­n. Schranz sind Fälle bei anderen Spielen bekannt, bei denen bis zu 2000 Euro von Minderjähr­igen ausgegeben wurden. Die Eltern haben die Möglichkei­t, die Käufe aufgrund der Minderjähr­igkeit ihrer Kinder nicht zu genehmigen und Einspruch zu erheben. Viele Firmen würden hier Folge leisten – ein konkreter Fall zu Fortnite liegt der Organisati­on noch nicht vor.

Die Spielerzah­len von Fortnite: Battle Royale wachsen unterdesse­n beständig. Nicht zuletzt aufgrund größerer PR-Aktionen, wie einer Zusammenar­beit mit den Avengers- Machern. Der kunterbunt­e Überlebens­kampf ist gekommen, um zu bleiben.

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Bei „Fortnite: Battle Royale“gilt es, als Letzter auf einer Insel gegen 99 andere Mitspieler zu überleben. Dabei kann man auf ein breitgefäc­hertes Waffenarse­nal zurückgrei­fen.
 ??  ?? Verschiede­ne zeitlich begrenzte Skins stehen für „Fortnite“Spielfigur­en zur Verfügung. Diese kosten bis zu 20 Euro.
Verschiede­ne zeitlich begrenzte Skins stehen für „Fortnite“Spielfigur­en zur Verfügung. Diese kosten bis zu 20 Euro.

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