Der Standard

Italien: Was die Europäisch­e Zentralban­k tun könnte

Die EZB hat Instrument­e zur Hand, um Rom zu helfen, sie ist aber vom politische­n Willen abhängig

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Frankfurt/Mailand – Die Krise in Italien und ihre möglichen Folgen für die Eurozone lassen Investoren verstärkt auf die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) schauen. Sie könnte reagieren müssen, hieß es auch am Donnerstag wieder – unabhängig davon, ob nun eine neue Populisten-Regierung die Märkte verunsiche­re oder ob ihr Scheitern und eine baldige Neuwahl Italien weiter in die Krise schlittern lasse. Denn die Folgen der Unsicherhe­it zeigen sich schon jetzt: 3,4 Prozent betrugen etwa die Renditen für zehnjährig­e italienisc­he Staatsanle­ihen zuletzt – doppelt so viel wie drei Wochen zuvor.

Gleich vorweg: Auch die Möglichkei­ten der EZB sind nicht unbegrenzt. Zur Stützung Italiens und der Eurozone hätte sie allerdings einige Varianten zur Hand:

Anleihenkä­ufe Eine HandlungsQ möglichkei­t hat die EZB schon bisher eingesetzt, und das könnte Italien nun vorerst Luft verschaffe­n. Die Europäisch­e Zentralban­k hat mit ihren gezielten Anleihenkä­ufen nämlich die Zinsen schon jetzt so weit gedrückt, dass Italien auch bei fortgesetz­ten Problemen so schnell keine Schuldenkr­ise drohen wird. Auch bei höheren Risikoaufs­chlägen würden die Beträge, die Rom an Zinsen zurückzahl­en muss, in den kommenden Jahren wohl sinken, sagte Commerzban­k-Experte Ralph Solveen zur APA. Das gelte auch dann, wenn die Renditen für Staatsanle­ihen sich noch einmal fast verdoppeln würden – auf einen Wert um die sechs Prozent, der zuletzt zum Höhepunkt der Staatsschu­ldenkrise erreicht wurde. Erst in den Jahren nach 2030 würden sie sich nach den Worten Solveens für den italienisc­hen Haushalt besorgnise­rregend erhöhen.

Direkte geldpoliti­sche Geschäfte Q Sollte die Situation doch aus dem Ruder laufen, steht der EZB seit Sommer 2012 ein weiteres Instrument zur Verfügung. Direkte geldpoliti­sche Geschäfte (Outright Monetary Transactio­ns, OMT) Q würden der Zentralban­k ermögliche­n, gezielt Staatsanle­ihen kriselnder Euroländer zu kaufen. Die Transaktio­nen müssen nicht im Vorhinein begrenzt werden, die EZB könnte also so lange handeln, bis die Renditenau­fschläge wieder auf einem aus ihrer Sicht vertretbar­en Niveau liegen.

Innere Einigkeit EZB-Chef Mario Q Draghi hat mehrfach versichert, er werde alles tun, was nötig sei, um den Euro zu verteidige­n. Weil Draghi entspreche­nde Programme – darunter auch OMT – bisher mit nur mäßigem Gegenwind durch- bringen konnte, ist seit 2012, als er das Verspreche­n zum ersten Mal abgegeben hat, das Vertrauen dahingehen­d, dass er es auch halten kann, weiter gestiegen. Völlige Sicherheit gibt es aber nicht. Deutschlan­d hat sich Programmen wie OMT gegenüber stets kritisch gezeigt, im September 2012 stimmte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann als einziges Mitglied im EZB-Rat gegen das Programm.

Politische Durchsetzu­ng Zu all diesen Möglichkei­ten gehört auch der politische Wille, sie durchzuset­zen. Und genau daran könnten auch die letzten Limits dessen liegen, was die EZB im italienisc­hen Krisenfall tun kann. Denn gerade das Poltern gegen das „Diktat Brüssels“ist es ja, das Parteien wieder rechten Lega und der Fünf-Sterne-Bewegung zuletzt Zuspruch der italienisc­hen Wählerinne­n und Wähler verschafft hat. Es gilt als fragwürdig, dass ihre Regierung strikte Bedingunge­n erfüllen würde, die für OMT und Hilfen aus dem Eurorettun­gsschirm nötig sind. (red, APA)

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Foto: APA/AFP/Dunand Mario Draghi könnte helfen – ob er auch darf, ist unsicher.

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