Der Standard

Die EU muss in die Offensive

- Leopold Stefan

Im Fernsehen nennt man das einen Cliffhange­r. Bis Freitag lief die Frist für neue US-Schutzzöll­e auf Stahl und Aluminium aus Europa. Bis zuletzt ließ Donald Trump, Hauptdarst­eller im Handelsdra­ma, die Entscheidu­ng darüber offen. Doch mit der Drohung, auch die Autoindust­rie mit Zöllen zu belegen, hat er bereits die Europäer in helle Aufregung versetzt. Ohne ein Entgegenko­mmen der EU wird dieser Streit nicht enden, lautet das Signal.

Europas Spitzenpol­itiker stehen vor einem Dilemma: Es wäre ein Leichtes, den USA entgegenzu­kommen und die ohnedies höheren Handelsbar­rieren abzubauen. Die Aufregung über Autozölle wirkt scheinheil­ig, zumal die EU aktuell viermal höhere Zölle auf Pkws einhebt. Aber Brüssel will sich verständli­cherweise nicht nachsagen lassen, mit der Pistole am Kopf eingeknick­t zu sein. Das könnte die USA zu weiteren – als dreist empfundene­n – Forderunge­n in der Zukunft motivieren.

Dabei läge eine mögliche Lösung nahe. Nach dem Motto „Der Klügere gibt nach“könnte Brüssel das Zollniveau auf jenes der USA herabsetze­n – verbunden mit der Aufforderu­ng, dass die USA das transatlan­tische Freihandel­sabkommen TTIP wiederbele­ben sollen. Gleichzeit­ig könnte die EU dann ihre angedrohte­n Vergeltung­szölle auf Jeans, Whiskey und Co einführen und zeitlich an die Stahl- und Aluminiumz­ölle der USA binden. Damit wäre zur Abwechslun­g Donald Trump unter Zugzwang.

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