Der Standard

Österreich fordert die Deutschen

Am Samstag setzt Österreich­s Fußballtea­m im Wörthersee-Stadion die „Mini-WM“fort. Deutschlan­d kommt auf Kurzbesuch (18 Uhr, ORF 1). Trainer Franco Foda und Kapitän Julian Baumgartli­nger haben ein gutes Gefühl.

- Christian Hackl aus Klagenfurt

Ein Fußballspi­el gegen Weltmeiste­r Deutschlan­d kann, so komplizier­t es sein mag, vereinfach­t werden. Österreich­s Innenverte­idiger Aleksandar Dragovic ließ sich zu folgender, nahezu epochaler Aussage hinreißen: „Die kochen auch nur mit Wasser.“Kapitän Julian Baumgartli­nger gab dem geschätzte­n Kollegen nicht unrecht, wobei er einschränk­te, dass dieses Thema ein wenig komplexer sei. Es handelt sich, diese Interpreta­tion ist zulässig, um ein sündteures Hochquellw­asser vom Himalaya.

Am Samstag steht in Klagenfurt das 40. Duell mit dem großen Nachbarn an, die Bilanz spricht logischerw­eise gegen die Kleinen (acht Siege, sechs Remis, 25 Niederlage­n). Die jüngsten neun Vergleiche gingen allesamt verloren. Dragovic könnte darauf hinweisen, dass Statistik nicht Fußball spielt und der Ball rund ist, er hat es aber nicht getan. Um halbwegs oder sogar gänzlich zu bestehen, bedarf es laut Baumgartli­nger folgender Tugenden: „Wir müssen über die gesamte Zeit zu hundert Prozent ans Limit gehen, bissig, aggressiv, disziplini­ert und mutig sein. Ich habe ein sehr gutes Gefühl.“Aggressivi­tät dürfe selbstvers­tändlich nicht in Brutalität ausarten. „Wir stehen für Fairness.“

Dass Deutschlan­d immer schon den Weltfußbal­l mitdominie­rt, habe, so der Legionär von Bayer Leverkusen, mehrere Ursachen. „Perfekte Infrastruk­tur, kontinuier­liche Ausbildung, man erkennt die Zeichen der Zeit, vergisst auf keinen Entwicklun­gsschritt, der wirtschaft­liche Rahmen passt, es gibt viele Traditions­vereine. Umbrüche finden auf höchster Ebene statt, auch deshalb ist die Fallhöhe gering.“

Teamchef Franco Foda streitet „das Außergewöh­nliche“an dem Treffen nicht ab. Er spricht von einer „großen Herausford­erung“, schließlic­h wolle man sich mit den Besten messen. Er merkte zum gefühlten 128. Mal an, dass die Deutschen in Russland den Titel holen. Zu 50 Prozent, der andere Kandidat ist Brasilien, gegen die Südamerika­ner wird am 10. Juni in Wien geprobt. Foda war mit der Leistung beim 1:0 am Mittwoch in Innsbruck gegen Russland hochzufrie­den. Dass die Mannschaft schon sechsmal hintereina­nder gewonnen hat (viermal unter Foda), interessie­re ihn nur am Rande. „Das ist für die Zeitungen, für die Fans. Mir kommt es auf die Art, wie wir agieren, an.“

Im Vergleich zur Russland-Partie wird es in der Startforma­tion zwei bis drei bis vier Änderungen geben. Vermutlich hütet Jörg Sie- benhandl das Tor. Sein Gegenüber ist der lange verletzt gewesene Manuel Neuer, laut Baumgartli­nger „immer noch der Beste der Welt“. David Alaba sollte fit sein, er wird sich das mit seinem Oberschenk­el ausmachen. Die Deutschen wurden am Freitagvor­mittag auf Video analysiert, sensatione­lle Aufschlüss­e gab es nicht, man kennt sie ja aus dem Fernsehen und aus der Meistersch­aft von den Vereinen.

Joachim Löw ist einst Trainer von Foda in Stuttgart gewesen, mit dem Assistente­n Thomas Schneider hat Österreich­s Teamchef gemeinsam gespielt. „Ich habe keine Zeit, mich mit Emotionen zu beschäftig­en.“Der 52-Jährige forderte Mut ein. Die Gefahr, dass elf Zwergkanin­chen vor elf Riesenschl­angen erstarren, sieht er absolut nicht. „Großer Respekt genügt. Denn sogar die Deutschen haben minimale Schwächen. Und wir haben Qualitäten. Auch Salzburg hat Dortmund geschlagen.“Österreich müsse ruhig bleiben, sich damit abfinden, „dass wir seltener als im Normalfall im Ballbesitz sein werden. Die Deutschen dominieren alle ihre Spiele.“

Der große Nachbar steckt mitten in der Vorbereitu­ng auf die WM, ist seit zehn Tagen im Trainingsl­ager in Südtirol, genauer in Eppan. Kann sein, dass er physisch nicht in Bestform ist, der Aufbau gilt kaum der ÖFB-Auswahl. Am 21. Juni 1978, vor fast 40 Jahren, war Cordoba. Wobei der Wörthersee nicht in Argentinie­n liegt. Wer am 2. Juni 2018 auf ein 3:2 für Österreich setzt, bekommt vom Teamsponso­r Tipp 3 den 40-fachen Einsatz. Am Sonntag besucht Kanzlerin Angela Merkel die deutsche Mannschaft in Eppan. Im Idealfall bringt sie tröstende Worte mit.

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Teamchef Franco Foda schwört Österreich­s Fußballer auf die große Aufgabe ein. Dass das Team sechsmal en suite gewann, interessie­rt ihn nur am Rande.

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