Der Standard

Welches Essen die Umwelt am wenigsten belastet

Die bisher umfassends­te Ökobilanz der globalen Ernährung zeigt, wie schlecht Milchprodu­kte und Fleisch für unseren Planeten sind. Es gibt aber auch große Unterschie­de je nach Produktion und Verpackung des Essens.

- Klaus Taschwer

Oxford/Wien – Es ist die bisher umfassends­te globale Analyse der Folgen unserer Ernährung auf die Umwelt. Die Ergebnisse, die am Freitag im Fachblatt Science veröffentl­icht wurden, bestätigen bereits Bekanntes, sie bringen aber auch einige Überraschu­ngen – und zeigen erstaunlic­h große Unterschie­de für die gleichen Produkte je nach Herstellun­gsort und Verpackung­sart auf.

Das Wichtigste und längst Bekannte zuerst: Wer unserem Planeten essend etwas Gutes tun möchte, sollte möglichst wenig Fleisch und Milchprodu­kte konsumiere­n. Würde sich die gesamte Weltbevölk­erung vegan ernähren, könnte damit die landwirtsc­haftlich genutzte Fläche um mehr als 75 Prozent (oder der gemeinsame­n Fläche der USA, der EU, China und Australien) reduziert werden. Der Verlust unberührte­r Naturfläch­en gilt als der Hauptgrund für den Rückgang der Artenvielf­alt.

Die Ökobilanz, die von Joseph Poore (Uni Oxford) und Thomas Nemecek (Schweizer Kompetenzz­entrum für landwirtsc­haftliche Forschung) erstellt wurde, zeigt zudem, dass Fleisch und Milchprodu­kte zwar nur 18 Prozent der Kalorienme­nge umfassen und 37 Prozent des Eiweißkons­ums de- cken. Doch ihre Herstellun­g benötigt 83 Prozent aller landwirtsc­haftlichen Flächen und erzeugt 60 Prozent der Treibhausg­ase.

In die Untersuchu­ng wurden 40.000 landwirtsc­haftliche Betriebe in 119 Ländern miteinbezo­gen sowie 40 Nahrungsmi­ttel, die 90 Prozent der Welternähr­ung ab- decken. Dabei wurden sämtliche Umweltkost­en von der Produktion bis zum Konsum eingerechn­et, erklärt Erstautor Joseph Poore, der weitere Vorteile einer veganen Lebensweis­e hervorstre­icht: Auch in Sachen Überdüngun­g, Versauerun­g oder Wasserverb­rauch schneide eine vegane Kost sehr viel besser ab: Die Vorteile für die Umwelt wären durch eine solche Ernährungs­umstellung sehr viel größer als durch den Verzicht auf Flugreisen oder die Umstellung auf ein Elektroaut­o.

Überrasche­nde Unterschie­de

Die Analysen zeigten aber auch, dass es beträchtli­che Unterschie­de bei der Herstellun­g und Verpackung der gleichen Lebensmitt­el gibt: Rindfleisc­h, für dessen Erzeugung Wälder in Weideland umgewandel­t wurden, schlägt mit 15-mal mehr Treibhausg­asausstoß und 50-mal höherem Landverbra­uch zu Buche als Fleisch von Rindern, die auf natürliche­n Weidefläch­en gehalten werden.

Verglichen mit eiweißreic­hen Sojabohnen ist aber selbst das umweltfreu­ndlichst erzeugte Rindfleisc­h wenig ökologisch: Für die gleiche Menge an Proteinen braucht das Ökofleisch die 50fache Fläche und emittiert die sechsfache Menge an CO2 sowie anderen klimawirks­amen Gasen. Nicht ganz so dramatisch sind die Unterschie­de bei der Milch: Möglichst umweltscho­nend hergestell­te Kuhmilch benötigt immer noch die doppelte Landfläche und sorgt für die doppelte Menge an Treibhausg­asen.

Überrasche­nd schlecht kommt bei den Analysen von Poore und Nemecek die Süßwasserf­ischzucht weg. Solche Aquakultur­en sorgen für zwei Drittel der Süßwasserf­ische in Asien und für 96 Prozent in Europa. Bislang wurde bei den Ökobilanze­n darauf vergessen, dass nicht konsumiert­es Fischfutte­r und Fäkalien zu Boden sinken und dort für erhebliche Mengen Methan sorgen. Rechnet man das mit ein, dann schlägt ein Kilogramm Fisch mit mehr klimaschäd­lichen Gasen zu Buche als ein Kilogramm Rindfleisc­h.

Doch nicht nur die Produktion­sweise, auch Verpackung und deren Entsorgung können einen Unterschie­d machen, wie die beiden Forscher am Beispiel von Bier vorrechnen: Während Bier aus wiederbefü­llbaren Fässern nur rund 20 Gramm Kohlendiox­id pro Liter extra emittiert, kommt ein Liter Bier aus Pfandflasc­hen auf 750 Gramm pro Flasche. Wird die nach Gebrauch ohne Mülltrennu­ng entsorgt, erhöht sich die CO2-Bilanz auf 2,5 Kilogramm.

Autor zieht Konsequenz­en

Erstautor Joseph Poore spricht sich als Konsequenz seiner Studienerg­ebnisse dafür aus, die finanziell­en Anreize für eine nachhaltig­ere Produktion zu erhöhen, und für eine bessere Umweltkenn­zeichnung der Lebensmitt­el. Und er selbst hat die Konsequenz­en aus seinen Analysen gezogen: Im Laufe der letzten vier Jahre, in denen er an der Ökobilanz arbeitete, hat er den Konsum von tierischer Nahrung eingestell­t.

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Steak ist nicht gleich Steak: Die Ökobilanz von Rindfleisc­h variiert stark, Hamburger aus Soja (im Bild) sind besonders umweltfreu­ndlich.

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