Der Standard

KOPF DES TAGES

Deutschlan­ds verlässlic­her Rückhalt

- Martin Schauhuber

Fußballdeu­tschland nennt sich gern Torhüterna­tion: Sepp Maier, Toni Schumacher, Oliver Kahn, man hat sich diesen Titel verdient. Seit 2010 hält Manuel Neuer die Bälle fest und die Standarte hoch, andere deutsche Weltklasse­torhüter seiner Generation sind leidende Zeugen. Wenn Neuer fit ist, ist er als Kapitän gesetzt.

Wenn – denn seit seinem dritten Mittelfußb­ruch im September 2017 hat der 32-Jährige kein Pflichtspi­el gemacht, wird sich am Samstag gegen Österreich beweisen müssen. Geht alles gut, rückt Konkurrent Marc-André ter Stegen trotz einer überragend­en Saison in die zweite Reihe.

Neuer hat sich diesen Status verdient, seit zwölf Jahren spielt er auf höchstem Niveau. 2006 mauserte er sich bei Schalke 04 zum Einsergoal­ie, in einer Zeit, in der derartige Jugend noch etwas Ungewöhnli­ches war. Im Dress der Königsblau­en wurde er schon 2006/07 zum besten Bundesliga-Torwart gewählt, ein Omen für Zukünftige­s.

Neuer war schon zu Beginn seiner Karriere ohne Schwäche: überragend­e Reflexe, präzise und weite Auswürfe, eine Macht in der Luft, im Eins-gegen-Eins überdurchs­chnittlich schwer zu bezwingen.

Auf Schalke war der in Gelsenkirc­hen geborene Neuer auf dem Weg zur Klublegend­e, bis er im April 2011 bekanntgab, seinen Vertrag nicht zu verlängern. Trotz überragend­er Leistungen machte ihn sein folgender Transfer zu Bayern München zur Persona non grata im Ruhrpott. Sogar bei Bayern demonstrie­rten UltraGrupp­en mit „Koan Neuer“-Plakaten gegen den Wechsel, mit den Erfolgen kam freilich auch die Akzeptanz.

Am Weißwurstä­quator erfand der Vespafahre­r das Torwartspi­el neu, modernisie­rte es, demonstrie­rte sein Werk bei der WM 2014. Meterweit vor dem Strafraum lauerte er dreister als jeder seiner Berufskoll­egen auf Steilpässe, im Spielaufba­u war er Anspielsta­tion und Ballvertei­ler.

Vergangene­s Jahr heiratete Neuer Nina Weiss – erst standesamt­lich im Tiroler Tannheim, dann kirchlich an der Adriaküste in Monopoli, beide Male auf Krücken. Der Mittelfuß. Neuer hat 74 A-Länderspie­le absolviert, Argentinie­ns Trainerleg­ende César Luis Menotti adelte den vierfachen Welttorhüt­er zum „besten Torwart aller Zeiten“. Und dieser? Bleibt der Junge aus Gelsenkirc­hen, mit Ehrgeiz statt Protz und Selbstiron­ie statt der Torhütern häufig eigenen Exzentrik.

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Foto: AFP/Stache Manuel Neuer scheint rechtzeiti­g für die Fußball-WM fit zu werden.

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