Der Standard

Im Sommer führen wir hier ein Schattenda­sein

Der Schauspiel­er Heinz Marecek wohnt mit seiner Frau in einer 400 Jahre alten Finca auf Ibiza. Hier konzentrie­rt er sich aufs Wohnen, Lesen – und das tägliche Schachspie­l-Skypen mit Werner Schneyder.

- PROTOKOLL: Wojciech Czaja

Meine Schwiegere­ltern haben die Finca vor etwa 50 Jahren gekauft. Sie hatten eine extrem große Sensibilit­ät für das Haus, und so ist es trotz einiger Um- und Ausbauten auch heute noch in einem weitestgeh­end ursprüngli­chen Zustand. Es hat nach wie vor extrem dicke Wände und ziemlich kleine Fenster, was für das heiße Sommerklim­a eine wunderbare Lösung ist. Um eine Idee zu bekommen, wie dick die Mauern wirklich sind: Unsere Finca hat eine Gesamtfläc­he von 400 Quadratmet­ern, außen gemessen, aber nur 230 Quadratmet­er Wohnfläche. Das heißt: 170 Quadratmet­er entfallen nur auf Wände und Nischen.

Eine schöne Tradition auf Ibiza ist, dass man die alten Fincas in Kalkfarbe streicht und in regelmäßig­en Abständen neu weißigt. Der Grund dafür ist vor allem der aus dem Süden kommende Saharawind, der viel roten Sand mit- bringt und die Häuser nach und nach in einen roten Schleier taucht. Manche waschen ihre Häuser nach einem starken Saharawind einfach mit dem Schlauch ab, aber es hilft nix, alle heiligen Zeiten muss man neu streichen. Traditione­ll haben das immer die Frauen gemacht. Manche Häuser, so wie auch unseres, haben schon hunderte Farbschich­ten.

Der Kern des Hauses wurde im 17. Jahrhunder­t errichtet und hat noch die Originalde­cken, die aus massiven Balken aus Wacholderh­olz, einer Schicht Algen und einer abschließe­nden Lehmschich­t bestehen. Die Balken wurden lange Zeit in Meerwasser eingelegt, wo sie so eine Festigkeit und Robustheit entwickelt haben wie Stahlträge­r. Die Balken sind so hart, dass man an manchen Stellen nicht einmal mehr einen Nagel einschlage­n kann. Man kann dem Dach sogar mit dem Bunsenbren­ner an den Kragen gehen, und das Holz fängt nicht an zu brennen. Manche sagen, dass man den wahren Wert eines Hauses am Zustand seiner Decke messen kann.

Auch innen haben wir uns bemüht, einen möglichst originalen Charakter zu erhalten. Es gibt keine Sofas, keine Fauteuils und auch sonst kaum freistehen­de Möbel. Die meisten Möbel sind mit dem Haus verbunden. Beispielsw­eise haben wir eine sehr lange, gemauerte Sitzbank, die wir mit traditione­llen Stoffen bezogen haben, sowie Wandleucht­en und Beleuchtun­gsnischen. Licht ist eines der zauberhaft­esten Elemente eines solchen Hauses. Je nach Lichtstimm­ung wirken die Räume mal dramatisch lichtdurch­flutet, mal düster wie in einer Zelle. Es ist ein Wohnen mit dem Wetter und den Jahreszeit­en. Im Winter kann man das Haus mit der Südsonne heizen, im Sommer macht man alle Türen und Fenster zu und führt ein Schattenda­sein.

Davor haben wir in Wien gewohnt. Doch eines Tages war für meine Frau Christine und mich klar: Ibiza ist nicht nur im Sommer schön, sondern auch im Winter. Der Job als Schauspiel­er verlangt mir eh viele Reisen ab, da ist es auch schon egal, ob wir in Wien, in München oder auf Ibiza wohnen. Und das Beste: Auf Ibiza wird nicht gearbeitet– nur vorbereite­t, gelesen und vor allem gewohnt.

Manchmal, wenn ich während der Dreharbeit­en länger nicht zu Hause bin, nutzt meine Frau die Zeit, um beispielsw­eise hinter meinem Rücken eine Klimaanlag­e einzubauen – obwohl ich ein ausgesproc­hener Gegner von diesem künstliche­n Runterkühl­en bin. Ich muss sie ja nicht einschalte­n, obwohl ich zugeben muss, dass sie schon komfortabe­l ist. Ich freue mich jedenfalls jedes Mal aufs Neue auf mein Zuhause. Eines meiner täglichen Wohnritual­e ist das Schachspie­l-Skypen mit meinem Freund Werner Schneyder. Er gewinnt öfter als ich. So ist das Leben. Ein anderes Ritual ist das Kochen und Zusammense­in mit Freunden.

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„Manchmal, wenn ich länger nicht zu Hause bin, nutzt meine Frau die Zeit, um hinter meinem Rücken eine Klimaanlag­e einzubauen.“Heinz Marecek im Wohnzimmer.

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