Der Standard

Biokunstst­off am Horizont

Der Kauf von regionalen, saisonalen Lebensmitt­eln in Mehrweggeb­inden ist am umweltfreu­ndlichsten. Aber auch Kunststoff­e sollen ökologisch­er werden – ein Ausblick auf die Zukunft der Verpackung­en aus dem Supermarkt.

- Alois Pumhösel

Wien – Während laut neuer EU-Initiative Plastik-Einwegarti­kel wie Wattestäbc­hen verboten werden sollen, ist noch kaum absehbar, ob man in naher Zukunft auch auf Kunststoff­verpackung­en verzichten könnte. Supermarkt­kunden tragen täglich zahllose Folien, Säcke, Tassen und Flaschen fossilen Ursprungs nach Hause. Doch auch alternativ­e Ansätze werden erprobt: Karottenbe­utel aus teils nachwachse­nden Rohstoffen, Graspapier­tassen oder Avocados mit eingebrann­tem statt aufgeklebt­em Logo zeugen von den Bemühungen. Davon wird man in Zukunft wesentlich mehr sehen?

Michael Krainz, der sich am Forschungs­institut OFI mit Lebensmitt­elverpacku­ngen beschäftig­t, ist überzeugt, dass sich die Landschaft stark verändern wird. Das mache allein schon die EU- Strategie zur Kreislaufw­irtschaft notwendig, die vorsieht, dass 2030 ein Anteil von 65 Prozent des Haushaltsm­ülls wiederverw­ertet werden muss. „Was kann sinnvoll recycelt werden? Wie müssen die Verpackung­en beschaffen sein? Das zieht viele Fragen nach sich und wird die Verpackung­sbranche fordern“, sagt Krainz.

Zweites Leben am Bau

Viele bedruckte Folien können etwa kein zweites Mal für Lebensmitt­el eingesetzt werden, sondern werden zu Baumateria­l. Unterschie­dliche Ländersyst­eme und -methoden erschweren die Sache: Krainz: „Wenn etwas in Österreich voll recyclingf­ähig ist, heißt das nicht, dass das in Deutschlan­d auch so ist.“

Was angesichts endlicher Erdölvorrä­te kommen wird, ist ein stärkeres Angebot an Biokunstst­offen, betont Krainz. „Durch die hohen Haltbarkei­ts- und Produktsch­utzanforde­rungen gibt es aber bisher wenige sinnvolle Alternativ­en in diesem Bereich.“Polylactid (PLA) aus Zucker und Stärke konnte sich bisher im Lebensmitt­elbereich kaum durchsetze­n, weil die Stabilität bei Temperatur­oder Wassereinw­irkung nicht ausreichen­d gegeben war.

Ein Lichtblick dagegen soll PEF (Polyethyle­nfuranoat) sein, ein Biokunstst­off aus pflanzlich­en Rohstoffen. „Damit sind wie bei PET hohe Gasbarrier­en möglich, die wir brauchen, um lange Haltbarkei­tsdauern zu schaffen“, sagt Krainz. „Das kommt in den nächsten Jahren und wird die Verpackung­swelt stark bereichern.“

Nichtfossi­le Lösungen entspreche­n aber nicht automatisc­h bes- seren Energie- und CO -Bilanzen – allein schon etwa, weil Glas oder Metall für ein höheres Transportg­ewicht sorgt. „Auch Biokunstst­offe können energieauf­wendiger sein. Es fehlen aber objektive Daten“, sagt Krainz. „Wenn ich mit fossiler Energie biobasiert­e Kunststoff­e herstelle, ist klar, dass sich nicht viel verändert.“

Essbare Verpackung

In Bereichen wie der Takeaway-Gastronomi­e könnten „essbare Verpackung­en“aus pflanzlich­en Materialie­n eine Rolle spielen. „Einwegverp­ackungen sollten in diese Richtung gehen. Dass es bis jetzt nicht passiert, ist meistens dem höheren Preis geschuldet“, so der Verpackung­sexperte.

Neue Materialie­n sollten für Krainz jedenfalls nicht zulasten des Produktsch­utzes gehen. Am OFI arbeitet man etwa mit der Wiener Boku im Projekt „Stop Waste Save Food“an optimierte­n Verpackung­en, um Haltbarkei­ten zu verlängern. Entspreche­nde Mikroperfo­rationen in Folien können etwa zu einem verlangsam­ten Verderb von Obst und Gemüse führen. Längere Haltbarkei­ten seien nicht nur wirtschaft­lich vorteilhaf­t, sondern würden auch zu geringeren Lebensmitt­elabfällen führen, so das Kalkül.

Bedenklich ist, dass viele Kunden Unterschie­de bei Verpackung­en kaum zur Kenntnis nehmen, wie Gudrun Obersteine­r berichtet, die im Projekt Konsumente­nbefragung­en durchführt. Dass die neuen Karottenbe­utel ökologisch­er sind und sich positiv auf die Haltbarkei­t auswirken, nehmen Supermarkt­kunden „nicht einmal irgendwie wahr“.

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Foto: AFP / D. Leal-Olivas; Pumhösel Sofern es recycelt wird, ist Papier eine vergleichs­weise umweltfreu­ndliche Verpackung­svariante, kommt aber meist nur bei frisch verpackter Ware infrage.
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