Der Standard

Frischluft tanken im mobilen Parkplatzg­arten

Während die Politik gerade erst die Schule als Teil einer neuen Klimastrat­egie entdeckt hat, sind die Überlegung­en für ein besseres Morgen vielerorts schon fix im Lehrplan verankert. Ein Beispiel dafür ist das bundesweit­e Projekt „Schule gegen Luftversch­m

- Markus Rohrhofer

Linz/Wien/Graz – Jüngst tat die Bundesregi­erung nach intensiven Tagen in Klausur ihre Klimastrat­egie kund – und man setzt dabei unter anderem auf Bewusstsei­nsbildung in Schulen. Für Umweltmini­sterin Elisabeth Köstinger ist dies ein künftiges „Leuchtturm­projekt“, doch längst strahlt es diesbezügl­ich in manchen Schulen Österreich­s seit geraumer Zeit besonders hell.

Geschuldet ist dies dem städteüber­greifenden Projekt „Schule gegen Luftversch­mutzung“. Auf Initiative des bundesweit­en Schulnetzw­erks Ökolog widmen sich Schüler in den luftigen „Problemstä­dten“Wien, Linz und Graz im Rahmen des Unterricht­s und mit Unterstütz­ung von externen Experten rund zwei Jahre lang dem Thema Luftversch­mutzung im Speziellen und dem Klimawande­l im Allgemeine­n.

Öko-Mickymaus

So setzt man etwa an der Höheren Bundeslehr- und Forschungs­anstalt für Gartenbau Schönbrunn auf grüne Mobilität. Nicht im herkömmlic­hen Sinn einer nachhaltig­en Fortbewegu­ng, sondern vielmehr stellt man der städtische­n Betonwüste sattes Grün auf mobilem Untergrund gegenüber.

Konkret entwickeln die Schüler mobile Gärten für die Wiener Innenstadt. „Das reicht von einem Pick-up über Autowracks bis hin zu einem fahrbaren Gestell, das so hoch ist, dass ein Auto darunter parken kann“, erläutert Projektlei­ter Bernhard Wagenknech­t im STANDARD- Gespräch. Es gehe darum, Parkraum wieder für Grün zu erobern. Wageneder: „Nachweisli­ch braucht es Bäume, um die Hitze in der Stadt zu senken.“In das Projekt einfließen sollen auch die notwendige­n Behördenwe­ge. „Wir werden uns anschauen, wie schwierig es ist, im Vergleich zu einem Dauerparkp­latz eine Genehmigun­g für einen mobilen Garten auf einer Parkfläche zu bekommen“, sagt Wagenknech­t.

Doch bei aller „Begeisteru­ng auf Schülersei­te“sieht der Pädagoge das Luftprojek­t auch durchaus kritisch: „Eigentlich ist es eine Mickymaus-Veranstalt­ung. Was sollen Schulen ausrichten? Die schmutzige­n Industrien haben wir nach China abgesiedel­t. Und die, die wir noch haben, sind sauber.“Das einzige große Problem sei der Verkehr, sagt Wagenknech­t: „Aber der öffentlich­e Verkehr wird kaputtgesp­art, und gegen den Dieselmoto­r als unglaublic­he Dreckschle­uder unternimmt keiner etwas.“

Aber natürlich gehe es bei dem Projekt um Bewusstsei­nsbildung: „Das ist in Schulen doch noch ein wenig einfacher. Die Schüler waren übrigens überrascht, dass die Messwerte an der stark befahrenen Straße neben der Schule vom Feinstaub her geringer waren als im Raucherber­eich der Schule.“

In Oberösterr­eich entwickelt man im Rahmen des Projekts an der HLW für Kommunikat­ionsund Mediendesi­gn der Kreuzschwe­stern Linz derzeit ein Gesellscha­ftsbild rund um das Thema Klimawande­l. „Es ist eigentlich ein Brettspiel – eine Mischung aus den Klassikern Activity und Tabu. Die Spieler gelangen zu bestimmten Wissensber­eichen, dort müssen Fragen richtig beantworte­t werden. 25 Schüler arbeiten derzeit im Religionsu­nterricht gemeinsam an dem Projekt“, sagt Projektlei­ter Josef Hofer im STANDARD- Gespräch.

Spielerisc­hes Lernen

Eine erste Bilanz fällt an der Kreuzschwe­stern-Schule positiv aus: „Die Begeisteru­ng ist groß. Was zu tun ist den Schülern lieber, als etwas zu lernen. Es werden Inhalte aufgearbei­tet, in unserem Fall als Spiel, die Schüler müssen sich aber auch überlegen, wie man die Inhalte vermitteln kann. Das hat mehr Qualität als nur vorgekaute Lerninhalt­e.“

In der Steiermark betreibt die HTL Bulme in Graz-Gösting seit einigen Jahren ein Green Village. Im Energiedor­f zum Angreifen stehen den Schülern im Rahmen des Unterricht­s Anlagen für Fotovoltai­k, Solartherm­ie, Biomasseke­ssel, Wärmepumpe­n, Speicher sowie eine Elektrotan­kstelle zur Verfügung. Die Erfahrunge­n in Echtzeit bringt die Schule jetzt auch in das aktuelle Luftprojek­t ein.

Und man widmet sich speziell der „Energieopt­imierung und Autarkie“mit Batterien. „Die Fotovoltai­kanlage sollte ja im Idealfall so gesteuert sein, dass sie einen bestimmten Bereich für den Eigenverbr­auch nutzt, aber gleichzeit­ig auch automatisc­h die Batterien etwa für das Tanken des Autos am Abend vorlädt“, sagt Schuldirek­tor Günther Greier.

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Foto: AP / David Goldman Ein Energiedor­f zum Angreifen: Schülern der HTL Bulme in Graz steht zum Beispiel eine Anlage für Solartherm­ie zur Verfügung.

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