Der Standard

Führungska­mpf bei Spaniens Konservati­ven

Zwei Juristinne­n gelten als Anwärterin­nen auf den Parteivors­itz

- Reiner Wandler aus Madrid

Der spanische konservati­ve Partido Popular (PP) betritt Neuland. Erstmals in der 42-jährigen Parteigesc­hichte wird die Basis bei der Wahl des Parteivors­itzenden ein Wort mitzureden haben. Bisher bestimmte der scheidende Parteichef seinen Nachfolger. Nicht so der ehemalige Regierungs­chef Mariano Rajoy, der sein Parteiamt nach der Niederlage bei einem Misstrauen­svotum Anfang des Monats zur Verfügung stellte. „Ich werde keinen Einfluss auf eine Entscheidu­ng nehmen, die eure sein muss“, erklärte er, als er einen Sonderpart­eitag für den 20. und 21. Juli ansetzte.

Erstmals kommt damit ein Verfahren zur Anwendung, das Urwahlen und Parteitags­entschei- dung mischt. Sechs Kandidaten haben die nötigen 100 Unterschri­ften gesammelt, um bei der Vorwahl anzutreten. Doch Chancen haben nur zwei. Die ehemalige Vizeregier­ungschefin unter Rajoy, Soraya Sáenz de Santamaría, und die Nummer zwei des PP, die ehemalige Verteidigu­ngsministe­rin María Dolores de Cospedal. Alles deutet auf einen harten Kampf der beiden „starken Frauen Rajoys“hin. Denn Alberto Núñez Feijóo, Ministerpr­äsident in Rajoys Heimat Galicien, der in Umfragen deutlich vor den beiden Frauen lag, kündigte am Montag überrasche­nd an, nicht nach Madrid wechseln zu wollen.

Es herrscht seit langem dicke Luft zwischen den beiden Anwärterin­nen auf den Parteivors­itz. Fotos, auf denen sie nebeneinan­dersitzen und sich keines Blickes würdigen, zierten immer wieder Spaniens Zeitungen. Die beiden könnten unterschie­dlicher nicht sein. Die 52-jährige Juristin De Cospedal hatte seit 1999 unterschie­dliche Ämter in Ministerie­n und der konservati­ven Stadtverwa­ltung in Madrid inne, regierte in der zentralspa­nischen Region Kastilien-La Mancha und bekleidete hohe Parteiämte­r.

Die 47-jährige Anwältin Sáenz de Santamaría hingegen ist Quereinste­igerin. Sie bewarb sich mit ihrem Lebenslauf direkt bei Rajoy für dessen Kabinett, noch bevor dieser 2011 an die Regierung kam. Dort war sie von Anfang an seine Nummer zwei und hielt ihrem Chef bei schwierige­n Problemen, wie zum Beispiel dem Katalonien­konflikt, den Rücken frei.

Showdown auf dem Parteitag

Jetzt hat die Basis das Wort. Wer bei der Wahl am 5. Juli mehr als zehn Prozent der Stimmen auf sich vereint, tritt beim Sonderpart­eitag an. Dort wählen dann die Delegierte­n, die von der Basis ebenfalls am 5. Juli bestimmt werden. Wenn einer der Kandidaten bereits bei den Urwahlen mehr als die Hälfte der abgegeben Stimmen erhält, die zweitplatz­ierte Person um mehr als 15 Prozent hinter sich lässt oder in der Mehrheit der Landesbezi­rke als Spitzenrei­ter hervorgeht, wird er automatisc­h zum alleinigen Kandidaten auf dem Parteitag.

Doch bei zwei starken Kandidatin­nen, begleitet von vier schwächere­n, wird dies wohl kaum der Fall sein. Der Showdown wird am 21. Juli auf dem Parteitag stattfinde­n. Danach wird wohl erstmals eine Frau an der Spitze des PP stehen – und vermutlich auch bei den nächsten Wahlen um den Einzug in den spanischen Regierungs­palast Moncloa streiten.

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Fotos: AFP / Oscar del Pozo, Emmanuel Dunand Soraya Sáenz de Santamaría (li.) und María Dolores de Cospedal.
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