Der Standard

Frau oder Mann, ganz gleich

- Selina Thaler

In Deutschlan­d haben manche Fußballfan­s ein Problem damit, wenn eine Frau im Fernsehen die WMSpiele kommentier­t. In 20 Jahren leben wir in einem Europa, in dem das kein Aufreger ist: Die Gleichstel­lung ist verwirklic­ht. In diesem Europa muss sich keine Frau mehr mit Stereotype­n befassen, die ihr Kompetenz absprechen. Es gibt keine Vorgaben, ob sie berufstäti­g sein oder zu Hause bleiben soll. 2038 ist die Vereinbark­eit von Beruf und Familie die Normalität. Es gibt ausreichen­d Kinderbetr­euungsplät­ze, Männer wenden gleich viel Zeit für den Nachwuchs oder pflegebedü­rftige Angehörige auf. Und diese Zeit geht nicht zulasten des Einkommens.

Überhaupt ist es 2038 unvorstell­bar, dass Frauen im europäisch­en Durchschni­tt pro Stunde 16 Prozent weniger verdienen als männliche Kollegen – häufig für die gleiche Arbeit und in der Regel mit höherem Bildungsab­schluss. Lohntransp­arenz wird gelebt. Das hat zur Folge, dass es in Branchen, in denen heute vermehrt Frauen arbeiten (etwa in der Bildung und im Gesundheit­swesen), keine schlechter­e Bezahlung als in männerdomi­nierten wie den Naturwisse­nschaften gibt. Geschlecht­erdomänen im Beruf existieren nicht mehr, da im Bildungssy­stem Fähigkeite­n unabhängig vom Geschlecht gefördert werden. So wird erreicht, dass mehr Frauen als Programmie­rerin und Männer als Pfleger arbeiten sowie bei Firmengrün­dungen und auf Führungseb­ene ein Gleichgewi­cht der Geschlecht­er besteht. Und keine der zahlreiche­n Fußballkom­mentatorin­nen muss sich dafür rechtferti­gen, dass sie eine Frau ist.

2038 wird Europa eine inklusive Union sein. Denn die Gleichstel­lung der Geschlecht­er im Job ist kein feministis­cher Kampfbegri­ff, sondern hat auch das Potenzial, die drängendst­e Herausford­erung, das Auseinande­rdriften der europäisch­en Gesellscha­ft, aufzuhalte­n.

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