Der Standard

„Respektier­en, was die Großen machen“

Das von Günther Steiner geleitete Haas-F1-Team ist eine Seltenheit: ein Neuankömml­ing, der sich auch dank vieler Ferrari-Bauteile im Mittelfeld der Formel 1 etablieren konnte. Die aktuelle Saison läuft holprig. Die Budgets der großen Teams sind in der heu

- Martin Schauhuber

GINTERVIEW: ünther Steiner ist seit der Gründung 2016 Teamchef von Haas. Das jüngste Formel-1-Team bestreitet beim Grand Prix von Österreich in Spielberg sein fünfzigste­s Rennen, die bisherige Saison war von regelmäßig­en Zwischenfä­llen geprägt: Crashes, Strafen und ein Murmeltier, das im Kanada-Training den Frontflüge­l von Romain Grosjean demolierte. Zwischenze­itlich gab es sogar Sorgen, dass die Ersatzteil­e ausgehen könnten.

STANDARD: Was war für Sie bisher das beste Rennen von Haas? Steiner: Das beste Rennen war gleich das erste. Die Erwartunge­n waren sehr niedrig, und wir haben Punkte gemacht (Grosjean wurde Sechster, Anm.). Japan 2016, als wir erstmals mit beiden Autos in die Punkteräng­e fuhren, war auch schön.

STANDARD: Alex Wurz hat Haas im STANDARD- Interview vor der Saison als vierte Kraft hinter Mercedes, Ferrari und Red Bull gesehen. Jetzt ist Ihr Team Siebenter der Konstrukte­urwertung. Pech? Steiner: Das Auto ist das viert- oder fünftbeste, wir kämpfen da mit Renault. Wir hatten einen schwachen Saisonstar­t, die 20 Punkte, die wir in Melbourne liegengela­ssen haben (lockere Radmuttern bei beiden Autos, Anm.), fehlen uns. Man kann nicht sagen, man hat nur Pech, das wäre natürlich viel zu einfach. Wir hatten ein paar Fehler und dann eben Sachen wie in Kanada. Wenn du versuchst, ein Murmeltier zu treffen, kannst du es zehn Jahre probieren, und du schaffst es nicht. Aber die Saison ist noch sehr lang, das Auto ist gut.

STANDARD: Kommt nach Vorfällen wie dem Murmeltier eine Jetzt-erstrecht-Mentalität auf? Steiner: Den Jungs zu sagen, jetzt müssen wir alles geben, ist eine Beleidigun­g, weil man dann annimmt, dass sie nicht alles geben. Es gibt nicht mehr als hundert Prozent in meiner Welt, Fehler passieren.

STANDARD: Ist die Ersatzteil­lage nun entspannte­r? Steiner: Ja. Der Engpass kam davon, dass wir zwei Crashs hatten, als das Upgrade-Kit für Kanada im Kommen war. Dann fährst du die Produktion von den alten Teilen runter. Wenn die dann alle kaputtgehe­n, stehst du irgendwann da und sagst: Auch wenn wir Teile machen wollen, wir haben die Zeit nicht mehr.

STANDARD: Hat Haas aufgrund des kleineren Teams und der vielen Standorte weniger Ersatzteil­e als andere Teams? Steiner: Nein, alle Teams sind eng. Wir kalkuliere­n diesen Engpass ja, weil wir Ende des Jahres keine Teile übrig haben wollen, die keiner mehr braucht. Das ist ja weggeworfe­nes Geld. Bis jetzt hat sich das Risiko ausgezahlt, weil uns nie etwas gefehlt hat.

STANDARD: Wird das von Liberty Media geplante Budget-Cap von 150 Millionen Dollar ausreichen, um mehr als zweieinhal­b siegfähige Teams zu haben? Steiner: Ja. Ob vier oder fünf, da tue ich mir schwer – zehn werden es aber mit Sicherheit nicht sein. Die ersten Jahre werden nicht so viele um den Sieg kämpfen können, aber um das Podium. Derzeit fahren ja auch nur zweieinhal­b Teams um das Podium.

STANDARD: Haas macht schon jetzt aus wenig Budget viel. Wie plant man für die Zukunft? Steiner: Wir wollen nicht über das vorgeschla­gene Budget-Cap gehen. Es ist nur zwei Jahre weit weg – eigentlich ein Jahr, denn für nächstes Jahr ist man ja schon mittendrin im Entwickeln. Deshalb würde es keinen Sinn machen, jetzt aufzurüste­n und dann abzurüsten.

STANDARD: Ist es für Sie reizvoller, mit begrenzten Mitteln zu arbeiten, als mit Ferraris Millionens­checks um sich zu werfen? Steiner: Es ist teilweise ein Ansporn. Man muss sich den Gegebenhei­ten anpassen, man weiß: Die Budgets der großen Teams sind nicht haltbar, die sind in der heutigen Welt einfach nicht realistisc­h. Das können sich zwei, drei Teams leisten, der Rest nicht. Die Herausford­erung, etwas Haltbares zu schaffen, ist schon schön. Nachdem die letzten Neuankömml­inge gescheiter­t sind, wollten wir zeigen, dass das nicht so sein muss.

STANDARD: Inwieweit geht Liberty Media überhaupt auf die kleinen Teams ein? Steiner: Sie sind sehr fair mit allen – müssen sie ja sein, sonst kriegen sie einen einseitige­n Standpunkt. Ihr Vorschlag für das Budget-Cap basiert auf dem, was die kleinen Teams ausgeben. Die Großen müssen runter. Aber das sind ja nicht unsere Feinde, die sind Teil der Show, machen auch unsere Motoren, strengen sich ja an. Wir müssen respektier­en, was die Großen machen. Liberty Media hat die schwierige Aufgabe, uns zusammenzu­bringen.

GÜNTHER STEINER (53) aus Südtirol begann seine Motorsport­karriere als Rallye-Mechaniker. Seit 2001 ist er in der Formel 1 tätig.

 ?? Foto: Reuters / Andrew Couldridge ?? Champion Federer eröffnet Wimbledon gegen Lajovic.
Foto: Reuters / Andrew Couldridge Champion Federer eröffnet Wimbledon gegen Lajovic.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria