Elozahl und Rasenschach
Alle reden vom Fußball, wir auch: Die Fifa übernimmt das Wertungssystem des internationalen Schachverbandes. Es zeigen sich bekannte Kinderkrankheiten.
Es ist ein unfassbarer Skandal, Putin muss nun endlich zurücktreten. Bei den offiziellen Trailern der FußballWM, Filmchen, in denen vom Sputnik bis zum Kreml typische Orte und Errungenschaften Russlands präsentiert werden, fehlt das Schachspiel. Dabei sind Schach und Russland untrennbar miteinander verbunden, zudem haben Schach und Fußball – auf den ersten Blick fremde ludische Kontinente – mehr miteinander zu tun, als man denkt: Von Kombinationsspiel und Rasenschach ist häufig die Rede, Positionen werden am Spielfeld verschoben, wie im modernen Schach gewinnt heute, wer die Eigenfehler minimiert. Und über allem walten, ob uns das gefällt oder nicht, bienenfleißig erstellte Statistiken und verziffern im Schach wie im Fußball jedes Detail des Spiels.
Nun hat sich der internationale Fußballverband Fifa ein Beispiel am bewährten Ratingsystem der Fide (Fédération Internationale des Échecs) genommen und die Elozahl bei der bislang umstrittenen Bewertung von Fußballteams eingeführt. Die Zahl – entwickelt Ende der 1950er-Jahre vom ungarischstämmigen USMathematiker Arpad Elo (1903–1992) – ist vereinfacht gesagt ein Vergleichswert, der aufgrund von Gewinnerwartungen die Spielstärke eines Spielers oder einer Mannschaft errechnet. Man gewinnt oder verliert Elopunkte je nach Ergebnis.
Auf der aktuellen Eloliste der Fußball-Nationalmannschaften führt derzeit Brasi- lien (2131) vor Deutschland (2044), Spanien (2028) und Frankreich (2019), Österreich hält Rang 31 (1742), am Ende liegt Palau mit 402 Punkten. Das klingt in sich plausibel, allerdings ist der Abstand zu europäischen Champions-League-Teams im Berechnungsmodus riesig: Hier liegt Real Madrid mit Elo 2762 vor Barcelona (2743), Bayern München (2741) und Manchester City (2716). Ein Match zwischen Real Madrid und Brasilien entspricht einer Partie zwischen einem Supergroßmeister und einem stärkeren Amateur, die Nationalmannschaft von Österreich wäre nicht mehr als ein schwacher Vereinsspieler, der am besten bei Bezirksturnieren aufgehoben ist und die internationale Bühne meiden sollte. Da ist im Elosystem der Fifa noch einiges nachzubessern.
Unter Schachgroßmeistern ist Fußball als Ausgleichssport durchaus populär. Weltmeister Carlsen spielt gerne, bester Fußballer ist zweifellos Simen Agdestein aus Asker, einem Vorort von Oslo. 1991 zwang ein Kreuzbandriss den Profi und mehrfachen norwegischen Nationalspieler ans Schachbrett. Agdestein war auch hier erstaunlich erfolgreich. Er wurde Großmeister, gewann siebenmal die norwegische Meisterschaft und hielt in seiner besten Zeit mit den Allerbesten der Welt mit. Bekannt ist Agdestein heute vor allem als Trainer und Manager von Magnus Carlsen. Einmal, bei der norwegischen Meisterschaft 2004, konnte Ag-