Der Standard

Killerinst­inkt im Schichtbet­rieb

Oberösterr­eichisches Unternehme­n Inocon eliminiert mit Plasmabesc­hichtungen tödliche Keime

- Markus Rohrhofer

Linz – Innovation­skraft lässt sich mitunter gut verbergen: die Architektu­r funktional – mit dem Charme eines Plattenbau­s. Direkt an der Westbahnst­recke in Attnang-Puchheim gelegen. Doch wie so oft im Leben sollte man sich auch bei der Firma Inocon nicht auf Äußerlichk­eiten beschränke­n: Denn das Unternehme­n tritt eindrucksv­oll den Beweis an, dass sich die Zukunft auch abseits von geschniege­lten, supersmart­en Pseudofirm­en-Wohlfühloa­sen neu denken lässt.

Ordentlich Pulver

Spezialisi­ert ist man bei Inocon eigentlich auf die Bereiche Schweißtec­hnik und Plasmatech­nologie. Doch seit mehreren Jahren forscht man im firmeneign­en Labor intensiv an speziellen Oberfläche­nbeschicht­ungen – und steht jetzt unmittelba­r vor dem Markteintr­itt.

Die Inocon-Innovation ermöglicht Materialko­mbinatione­n, die es bisher nicht gab: Hochschmel­zende Pulver oder glasartige Schichten können mittels speziellem Plasmabesc­hichtungsv­erfahren auf Oberfläche­n aufgebrach­t werden. Glas, Papier, Textilien oder Kunststoff­e lassen sich durch das Plasmaverf­ahren beliebig funktional­isieren.

Das größte Potenzial ortet Inocon-Geschäftsf­ührer und Gesellscha­fter Fritz Pesendorfe­r im STANDARD- Gespräch im Bereich flexibler Leiterbahn­en, etwa für LED-Beleuchtun­gen, und bei bioziden Beschichtu­ngen: „Man muss leider davon ausgehen, dass Krankenhau­skeime mehr Menschen töten als im Straßenver­kehr sterben. Schafft man es, Türklinken, Armaturen, Lichtschal­ter und Tasten, die von vielen Menschen berührt werden, keimfrei zu halten, ist deren Gefahr größtentei­ls gebannt.“

Rasante Ausbreitun­g

Wie schnell sich diese Keime verbreiten, hat Inocon gemeinsam mit der Meduni Graz in einem Experiment nachgewies­en. Dafür wurden völlig harmlose Keime an einem einzigen Lichtschal­ter eines Spitals aufgebrach­t. Pesendorfe­r: „Am Abend waren diese Keime praktisch im ganzen Krankenhau­s nachweisba­r.“

Und dieses Faktum weckte in dem sonst so ausgeglich­en wirkenden promoviert­en Chemiker regelmäßig den „Killerinst­inkt“. Pesendorfe­r: „Es ist uns gelungen, mittels spezieller Beschichtu­ngen die Keime entspreche­nd rasch abzutöten.“

Der Schlüssel zum Erfolg sind ultradünne Zink oder Zinkoxid enthaltend­e Oberfläche­n, die in dem neuen Plasmabesc­hichtungsv­erfahren aufgetrage­n werden. Dabei wird feinstes Metall als Pulver oder Dampf in den oft mehrere 1000 Grad heißen Plasmastra­hl eingebrach­t.

„Das erlaubt bei der Verwendung von Pulver Beschichtu­ngsstärken von nur fünf bis 250 Mikrometer­n. Beim Einsatz von Dampf sind sogar Schichten mit wenigen Nanometern möglich. Sichtbar sind derartige Beschichtu­ngen nicht einmal unter dem Mikroskop“, erläu- tert der zweite Inocon-Geschäftsf­ührer Patrick Willner.

Und selbst für erfahrene Naturwisse­nschafter gab es in der mehrjährig­en Entwicklun­gsphase noch die eine oder andere Überraschu­ng. „Dass Glas bis zu einer Stärke von 110 Nanometern nicht bricht, war für mich verblüffen­d. Damit wird es möglich, Folien oder auch Papier zu beschichte­n, da das Glas auch beim Zerknüllen unbeschädi­gt bleibt“, zeigt sich Pesendorfe­r erfreut.

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Schicht um Schicht hin zu mehr Komfort und Sicherheit: Inocon-Chef Fritz Pesendorfe­r setzt auf Plasmainno­vation.

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