Der Standard

KOPF DES TAGES

Gewerkscha­fter und Antifaschi­st mit USA-Faible

- Colette M. Schmidt

Die Leute abholen, bei den Emotionen erwischen, aber ohne Hass und Hetze“, das habe ihn immer interessie­rt, sagt Willi Mernyi, Bundesgesc­häftsführe­r der Fraktion sozialdemo­kratischer Gewerkscha­fterInnen. Zu der von ihm organisier­ten ÖGB-Demo gegen den Zwölfstund­entag werden am Samstag mehrere Zehntausen­d aus ganz Österreich erwartet.

Willi Mernyi wurde 1968 in Wien geboren. Seine Eltern waren vertrieben­e Donauschwa­ben, er wuchs in der Simmeringe­r Haide auf. Der Vater habe ihn geprägt mit seiner Ablehnung jeglicher autoritäre­n Regime: „Demokratie war für ihn das einzig Wahre.“Als 16-jähriger Starkstrom­monteur-Lehrling bei Elin schloss er sich der Gewerkscha­ft an. Er saß im Jugendvert­rauensrat, dessen von der jetzigen Regierung geplante Abschaffun­g er scharf kritisiert: „Diese Regierung faselt immer von der Jugend und dem Mitsprache­recht. Man sieht, wie ernst sie das meint.“Mernyi wurde Jugendsekr­etär und saß ab 1993 im ÖGB-Bundesvors­tand. „Kampagnisi­eren war dort damals ein Fremdwort“, erinnert er sich. Er änderte das, besuchte Gewerkscha­ften in den USA ebenso wie Parteitage der Demokraten. „Wie die mit dem Scheitern umgehen, taugt mir“, sagt er. „Sie schauen darauf, was man besser machen kann, statt darauf, wer schuld ist.“An der Uni gab sich Organisato­r Mernyi mit einem Kulturmana­gementstud­ium den letzten Schliff. Er füllte auch als Kabarettve­ranstalter Hallen: „Dann habe ich mich entscheide­n müssen zwischen Dorfer, Hader, Düringer und Gewerkscha­ftssitzung­en.“

Mernyi ist auch Vorsitzend­er des Mauthausen-Komitees Österreich. Überzeugte­r Antifaschi­st wurde er bereits als Lehrling. Ein jüngerer Kollege geriet damals in den Bann des Neonazis Gottfried Küssel. Bemühungen, ihn aus der Szene zu holen, scheiterte­n. Als er vor Gericht aussagte, sein Berufsschu­llehrer habe ihn mit der Nazi-Ideologie vertraut gemacht, passierte dem Lehrer daraufhin nichts. „Der wurde mit satten Bezügen in Pension geschickt“, sagt Mernyi, „und Küssel war der Star, aber der Bursche hat sich mit Anfang 20 das Leben genommen.“

Mernyis USA-Liebe begann dagegen unpolitisc­h. Als Siebenjähr­iger, dessen Eltern einen Ford Taunus fuhren, sah er erstmals einen Cadillac. Er war elektrisie­rt. Heute ist der Vater zweier Kinder großer American-Football-Fan. Sonstige Hobbys? „Rapid natürlich. Aber das is ka Hobby, sondern a Lebenseins­tellung.“

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Foto: APA/Draxler Willi Mernyi mobilisier­t mit Demo gegen den Zwölfstund­entag.

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