Der Standard

Ausreichen­d Munition

- Andreas Schnauder

Die Busse sind bestellt, die Züge gut gebucht. Für die Gewerkscha­ft geht es bei der großen Demonstrat­ion gegen den Zwölfstund­entag in Wien um viel. Um die Vertretung ihrer Mitglieder, um die Zukunft der Sozialpart­nerschaft und – ja – auch um eine Machtdemon­stration.

Die Gewerkscha­ft hat jeglichen Einfluss auf die Regierungs­politik verloren. Die Arbeitgebe­r schwimmen auf der türkis-blauen Welle, die auch die Umsetzung zahlreiche­r Forderunge­n der Betriebe an Land spült. Das schwächt die Arbeitnehm­erbewegung auf den ersten Blick, kann sie letztlich aber auch stärken. Nämlich dann, wenn eine Aushöhlung der Rechte der Beschäftig­ten zu einer Solidarisi­erung führen sollte, die es seit Schwarz-Blau I nicht mehr gegeben hat.

Mit ausreichen­der Rückendeck­ung kann der ÖGB nicht nur Betriebe, Verkehr und vieles mehr lahmlegen, sein Einfluss reicht zugleich viel weiter. Eine scharfe Waffe hat er bei den Tarifverha­ndlungen in der Hand. Spätestens im Herbst müssen die Arbeitgebe­r mit einer Retourkuts­che in Form hoher Lohnforder­ungen rechnen.

Sie lebt also noch, die Gewerkscha­ft. Ihre Macht hängt stark vom Vertrauen bei den Mitglieder­n und in der Bevölkerun­g ab. Übertreibe­n darf sie es mit ihrem Protest nicht, sonst würden parteipoli­tische Motive ruchbar. Doch für einen Warnschuss wurde dem ÖGB allemal ausreichen­d Munition geliefert.

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