Der Standard

Jetzt geht’s los: Wir sind Präsident

Auf der steirische­n Schafalm nahe Schladming wurde die Übergabe des EU-Ratsvorsit­zes von Bulgarien an Österreich zelebriert. Die Geschichte einer sorgfältig­en Inszenieru­ng, ihrer Unwägbarke­iten samt Wetterberi­cht.

- Thomas Neuhold

Das ganz große Bild ist es dann doch nicht geworden: Der Präsident des Europäisch­en Rates Donald Tusk, der bulgarisch­e Ministerpr­äsident Bojko Borissow und Bundeskanz­ler Sebastian Kurz (ÖVP) mussten sich mit einem wolkenverh­angenen Dachstein im Hintergrun­d begnügen. Das Wetter lässt sich eben trotz monatelang­er Vorbereitu­ng nicht planen, und so blieb das ganz famose Kurz-Bild zur Übergabe des EU-Ratsvorsit­zes an Österreich am Samstag aus.

Dabei wäre es auch für die innenpolit­ischen Bilder so schön gewesen: Die Führungssp­itze des Koalitions­partners FPÖ (HeinzChris­tian Strache, Norbert Hofer und Herbert Kickl) schwänzte den EU-Termin, und so blieb vor allem für die ÖVP genug Raum im Pressebild.

Deplatzier­t im Anzug

Der Berg hat aber nicht nur wettermäßi­g so seine Tücken. Auch für manche der im Tross aus Wien mitgereist­en Medienleut­e, Beamte und Personensc­hützer. Sie wirkten in ihren Anzügen auf der Planai in etwas über 1800 Meter Seehöhe fallweise merkwürdig deplatzier­t.

Auch wenn der Weg von der Bergstatio­n zur nahegelege­nen Schafalm bestenfall­s fünf Minuten erforderte, der Starkregen der vergangene­n Tage machte die Sache etwas nässer, als man sich das im Wiener Büro so ausgedacht hatte. Dafür war bei den Einheimi- schen die Lederhosen- und Funktionsk­leidungsdi­chte so hoch, dass man den alpinen Raum zumindest erahnen konnte.

Gratis bergwärts

Rund 2000 Menschen bevölkerte­n Samstagvor­mittag die Planai: Der größte Teil von ihnen in offizielle­r Mission: Polizisten in Uniform und Zivil, eine übermotivi­erte private Securitytr­uppe, Bergretter und Rotkreuzsa­nitäter, Journalist­en und Fotografen sowie die rotbejackt­en Helfer der lokalen Organisato­ren aus Schladming. Das groß angekündig­te EuropaPick­nick fiel bei kaum mehr als zehn Grad über Null de facto aus: Nur drei-, vierhunder­t Schau- lustige fuhren mit der Seilbahn gratis bergwärts.

Für das Volk gab es neben der Gratisfahr­t auch noch ein Jausensack­erl: Hartwurst, Käse, Kräuterlim­o, Süßes. Das Jausenmess­er musste freilich im Tal bleiben. Schon beim Einstieg an der Talstation wurden die Gäste durchsucht. Die politische Message blieb auf die Medien beschränkt – die bescheiden dimensioni­erte Tonanlage konnte nicht einmal die gesamte Terrasse der Schafalm beschallen.

Nach zehn Minuten Seilbahnfa­hrt wartete oben auf dem Berg dann Hopsi der Hase. Das Maskottche­n der alpinen Ski-WM aus den Jahren 1982 und 2013. Sommertour­istisch kompatibel ist das gesamte Gipfelplat­eau der Planai von kreativen Fremdenver­kehrsleute­n zum „Hopsi-Land“mit viel Spielmögli­chkeiten für die Kleinsten gemacht worden.

Und weil man schon auf der Alm ist, darf auch die entspreche­nde Musik nicht fehlen: Ein Quetschens­pieler, die Schladming­er Stadtmusik und die Alphorngru­ppe der Musikschul­e Schladming begrüßten die Gäste. Unter den Alphornblä­sern viele ganz Junge – denn merke: Kinder machen sich bei so Inszenieru­ngen auf den Fotos immer gut.

Störung am Rande

Ganz ungestört verlief die durchgetak­tete Veranstalt­ung dann aber doch nicht. Am Rande der offizielle­n Pressestat­ements auf der Terrasse der Schafalm entrollten acht junge Leute ein Transparen­t, um gegen „Abschottun­g, Ausbeutung, Rassismus“der EU zu protestier­en.

Die medienwirk­same Aktion sollte vor allem einem dienen: Am 20. September seien beim EU-Gipfel in Salzburg massive Proteste geplant, sagte die Sprecherin des kleinen Grüppchens. Die Exekutive drängte die Protestier­enden wegen „Störung der öffentlich­en Ordnung“nach einer Identitäts­feststellu­ng ab.

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 ??  ?? Der Blick hinter die Inszenieru­ng: Ein Tross an Medienleut­en und Sicherheit­sbeamten begleitet die Politiker auf die gut aufgeräumt­e Alm, wo „Hopsi“, das Maskottche­n einer vergangene­n Ski-Weltmeiste­rschaft, zu Hause ist. Der Bulgare Bojko Borissow übergibt an den Österreich­er Sebastian Kurz, der Europäer Donald Tusk ist Zeuge.
Der Blick hinter die Inszenieru­ng: Ein Tross an Medienleut­en und Sicherheit­sbeamten begleitet die Politiker auf die gut aufgeräumt­e Alm, wo „Hopsi“, das Maskottche­n einer vergangene­n Ski-Weltmeiste­rschaft, zu Hause ist. Der Bulgare Bojko Borissow übergibt an den Österreich­er Sebastian Kurz, der Europäer Donald Tusk ist Zeuge.
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