Jetzt geht’s los: Wir sind Präsident
Auf der steirischen Schafalm nahe Schladming wurde die Übergabe des EU-Ratsvorsitzes von Bulgarien an Österreich zelebriert. Die Geschichte einer sorgfältigen Inszenierung, ihrer Unwägbarkeiten samt Wetterbericht.
Das ganz große Bild ist es dann doch nicht geworden: Der Präsident des Europäischen Rates Donald Tusk, der bulgarische Ministerpräsident Bojko Borissow und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) mussten sich mit einem wolkenverhangenen Dachstein im Hintergrund begnügen. Das Wetter lässt sich eben trotz monatelanger Vorbereitung nicht planen, und so blieb das ganz famose Kurz-Bild zur Übergabe des EU-Ratsvorsitzes an Österreich am Samstag aus.
Dabei wäre es auch für die innenpolitischen Bilder so schön gewesen: Die Führungsspitze des Koalitionspartners FPÖ (HeinzChristian Strache, Norbert Hofer und Herbert Kickl) schwänzte den EU-Termin, und so blieb vor allem für die ÖVP genug Raum im Pressebild.
Deplatziert im Anzug
Der Berg hat aber nicht nur wettermäßig so seine Tücken. Auch für manche der im Tross aus Wien mitgereisten Medienleute, Beamte und Personenschützer. Sie wirkten in ihren Anzügen auf der Planai in etwas über 1800 Meter Seehöhe fallweise merkwürdig deplatziert.
Auch wenn der Weg von der Bergstation zur nahegelegenen Schafalm bestenfalls fünf Minuten erforderte, der Starkregen der vergangenen Tage machte die Sache etwas nässer, als man sich das im Wiener Büro so ausgedacht hatte. Dafür war bei den Einheimi- schen die Lederhosen- und Funktionskleidungsdichte so hoch, dass man den alpinen Raum zumindest erahnen konnte.
Gratis bergwärts
Rund 2000 Menschen bevölkerten Samstagvormittag die Planai: Der größte Teil von ihnen in offizieller Mission: Polizisten in Uniform und Zivil, eine übermotivierte private Securitytruppe, Bergretter und Rotkreuzsanitäter, Journalisten und Fotografen sowie die rotbejackten Helfer der lokalen Organisatoren aus Schladming. Das groß angekündigte EuropaPicknick fiel bei kaum mehr als zehn Grad über Null de facto aus: Nur drei-, vierhundert Schau- lustige fuhren mit der Seilbahn gratis bergwärts.
Für das Volk gab es neben der Gratisfahrt auch noch ein Jausensackerl: Hartwurst, Käse, Kräuterlimo, Süßes. Das Jausenmesser musste freilich im Tal bleiben. Schon beim Einstieg an der Talstation wurden die Gäste durchsucht. Die politische Message blieb auf die Medien beschränkt – die bescheiden dimensionierte Tonanlage konnte nicht einmal die gesamte Terrasse der Schafalm beschallen.
Nach zehn Minuten Seilbahnfahrt wartete oben auf dem Berg dann Hopsi der Hase. Das Maskottchen der alpinen Ski-WM aus den Jahren 1982 und 2013. Sommertouristisch kompatibel ist das gesamte Gipfelplateau der Planai von kreativen Fremdenverkehrsleuten zum „Hopsi-Land“mit viel Spielmöglichkeiten für die Kleinsten gemacht worden.
Und weil man schon auf der Alm ist, darf auch die entsprechende Musik nicht fehlen: Ein Quetschenspieler, die Schladminger Stadtmusik und die Alphorngruppe der Musikschule Schladming begrüßten die Gäste. Unter den Alphornbläsern viele ganz Junge – denn merke: Kinder machen sich bei so Inszenierungen auf den Fotos immer gut.
Störung am Rande
Ganz ungestört verlief die durchgetaktete Veranstaltung dann aber doch nicht. Am Rande der offiziellen Pressestatements auf der Terrasse der Schafalm entrollten acht junge Leute ein Transparent, um gegen „Abschottung, Ausbeutung, Rassismus“der EU zu protestieren.
Die medienwirksame Aktion sollte vor allem einem dienen: Am 20. September seien beim EU-Gipfel in Salzburg massive Proteste geplant, sagte die Sprecherin des kleinen Grüppchens. Die Exekutive drängte die Protestierenden wegen „Störung der öffentlichen Ordnung“nach einer Identitätsfeststellung ab.