Nordkorea forscht laut US- Spionen weiter an Atombomben
Gemäß US-Medienberichten will Pjöngjang seine Nuklearwaffen nicht aufgeben, sondern verstecken
Washington/Wien – Ist Nordkoreas Diktator Kim Jong-un am Ende doch nicht der „Ehrenmann“, als den ihn US-Präsident Donald Trump beim Entspannungstreffen von Singapur Anfang Juni bezeichnet hat? Erkenntnisse US-amerikanischer Geheimdienste, über die die Washington Post am Wochenende berichtete, legen diesen Schluss nahe. Demnach arbeitet Pjöngjang nicht an der nuklearen Abrüstung des Landes, die Kim nach Ansicht Trumps bei dem Treffen versprochen hatte, sondern vielmehr daran, bestehende Sprengköpfe zu verstecken.
Konkret heißt es, Nordkorea würde nach Auffassung der US-Spione in Gesprächen die Zahl der bereits fertiggebauten Atomsprengköpfe deutlich zu niedrig angeben. Pjöngjang spreche meist nur von einem Dutzend, Amerikaner gehen aber davon aus, dass es schon 65 gibt. Nordkorea sei sich aber bisher nicht darüber bewusst, dass die USA gesichertes Wissen über die genaue Anzahl der Bomben haben.
Mehrere Atomzentren
Ähnliches betrifft auch die Nuklearforschung. Laut Washington Post – und einem davon unabhängigen Bericht des TV-Senders NBC – spricht Nordkorea in den Verhandlungen stets nur über die Anlage in Yongbyon, die auch medial oft erwähnt wird. Daraus, dass Nordkorea eine deutlich aufwendigere zweite Atomeinrichtung in der Stadt Kangson stets unerwähnt lässt, schließen die Geheimdienste, dass Pjöngjang auch in dieser Frage nicht ehrlich ist.
Dazu passt schließlich noch ein Bericht der Plattform 38 North vom Ende vergangener Woche. Die Nordkorea-Plattform hat Satellitenaufnahmen analysiert, aus denen sie schließt, dass auch in Yongbyon selbst die Forschungsaktivität zuletzt nicht eingeschränkt, sondern intensiviert wurde.
Eine Reaktion Nordkoreas oder des Weißen Hauses auf die neuen Berichte gab es zunächst nicht.
Nordkorea ist in den Gesprächen mit den USA also doch nicht immer ganz ehrlich. Statt seine Atombomben abmontieren zu lassen, will Diktator Kim Jong-un sie lieber verstecken. Und auch seine Forscher hat er bisher noch nicht angewiesen, die Anstrengungen zum atomaren Fortschritt einzustellen. Das jedenfalls glauben nach US-Medienberichten Amerikas Geheimdienste.
Unglaubhaft scheint das vor dem Hintergrund der Geschichte nicht: Nordkorea schließt seit Jahrzehnten Vereinbarungen, um lästige Wirtschaftssanktionen loszuwerden. Waren sie weg, brach Pjöngjang die Deals immer wieder, vor allem jene, die das Atomprogramm des Landes betreffen.
Das in den neuen Berichten beschriebene Vorgehen wäre aber auch für Pjöngjang ungewöhnlich plump. Die Frage, mit welchem Ziel die Meldungen an Medien durchgeschickt wurden, ist es also wert, gestellt zu werden. Immerhin gibt es in der US-Regierung viele, die eine Entspannung zwischen Nordkorea und den USA aus strategischen Gründen für falsch halten, sich aber aus opportunistischen oder taktischen Gründen nicht trauen, Präsident Trump diese Meinung persönlich mitzuteilen. Doppelte Böden gibt es also auf beiden Seiten.
Die Frage ist, einmal mehr, wie das alles bei Trump ankommt. Sieht er seinen „Deal“mit Kim vor allem als PR-Übung, wird er bereit sein, über Nordkoreas mögliche Unehrlichkeiten hinwegzusehen. Fühlt er sich aber hintergangen, wird die Kriegsgefahr in Korea bald zurückkehren.