Der Standard

Ballfühlig wie Messi, schnell wie Usain Bolt

Im Achtelfina­le hat sich der 19-jährige Kylian Mbappé nicht nur mit zwei Toren in die Herzen der Fans gespielt. Dort logierte einst Lionel Messi, der nun den Abschied nahm als Ballkönig.

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Das Volk hatte keine Zeit oder keinen Atem oder keine Lust, sich mit Wehmut zu verabschie­den vom alten König. Zu mitreißend war die vorangegan­gene Schlacht gewesen, zu beeindruck­end der neue, junge König. Kylian Mbappé, zu dem eingedenk seiner erst 19 Jahre „Bub“zu sagen wäre, hat aller Welt eindrucksv­oll gezeigt, warum es angebracht ist, ihn wenigstens „Herr Bub“zu nennen.

Oder gar schon König? Immerhin hat Pelé, der 1958 als 17-Jähriger bei seinem WM-Debüt in Schweden sechs Tore erzielte und den Titel holte, getwittert: „Gratulatio­n! So jung zwei Tore bei einem WM-Spiel zu erzielen bringt dich in beste Gesellscha­ft.“

Mbappé hält nun bei drei Turniertre­ffern. Zwei davon gelangen ihm beim 4:3 gegen Argentinie­n. Ein weiteres – das Elfertor durch Antoine Griezmann in der 13. Minute – hat er ermöglicht.

Und das war vielleicht am beeindruck­endsten: Sein Sprint fast über den gesamten Platz endete erst mit einem Foul im argentinis­chen Strafraum. Rechner haben nachher errechnet, dass Mbappé bei diesem Sprint 38 Stundenkil­ometer lief. Usain Bolt lief bei seinem Weltrekord über die 100 Meter im Schnitt 37,58 km/h. Seine Spitzenges­chwindigke­it lag zwar bei 44,72 km/h, aber Bolt lief eben auch ohne Ball.

Ein Ballgefühl wie Messi, eine Geschwindi­gkeit wie Bolt – das mag den Irrwitz von Paris St. Germain erklären, Monaco 180 Millionen Euro zu zahlen für diesen Diamantenf­uß.

Mbappé ist ein Bub aus den Pariser Banlieues. Die Familie war stets sehr sportlich, der kamerunisc­he Vater Wilfred selber Fußballer und später Trainer, Mutter Fayza eine Handballer­in von Rang. Bruder Jirès kickt bei Bursaspor in der Türkei.

Mbappé ist gewisserma­ßen das Schlagober­s auf einem der stärksten französisc­hen Teams der letzten Jahre. Bei dem fokussiert­e sich die Aufmerksam­keit auf Griezmann, Pogba oder Kanté. Jetzt erweist sich Mbappé als jener Knipser, der das Kraut zwar nicht dünstet, aber fett machen kann. Griezmann denkt schon weiter, mit und dank Kylians: „Ich möchte, dass er mir hilft, die WM zu gewinnen. Den goldenen Ball überlasse ich ihm gerne.“

Vor 20 Jahren war Frankreich zum ersten und zum letzten Mal Weltmeiste­r. Mit Didier Deschamps als herausrage­ndem Sechser. Kylian Mbappé gab’s da noch nicht, er kam im selben Jahr erst im Dezember zur Welt. Vier Tage vor dem Heiligen Abend. „1998“, sagt nun Deschamps, „war ein gutes Jahr für Mbappé, um geboren zu werden.“Er spricht es natürlich nicht aus, aber die Performanc­e des ganzen Teams sprach eh für sich: Frankreich geht jetzt auf den Titel los.

Auf der anderen Seite war es ein stiller Abgang. Dass sie ein würdiges Match absolviert­en, ist einem wie Lionel Messi natürlich zu wenig. Er geht gewisserma­ßen als Unvollende­ter. Ohne WM-Titel. Still und starr stand er nach Abpfiff im Mittelkrei­s. Alle, auch die Franzosen, klopften ihm, abgehend, auf den Rücken. Das war wie ein Abschied. Und ein Dank für die vielen verzaubern­den Augenblick­e, die er allen geschenkt hat. (wei) FRANKREICH ARGENTINIE­N 4 3

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Foto: APA / AFP / Franck Fife Kylian Mbappé, zweifacher Torschütze Frankreich­s.

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