Der Standard

Heimatlieb­e als politische­r Auftrag

Jeder Mensch hat eine Heimat. Oder gar eine zweite Heimat? Und fühlt sich nicht manch einer trotz Heimat heimatlos? So vielseitig der Blick auf die eigene Identität sein kann, so einseitig ist der Zugang der Politik.

- Stefanie Ruep, Markus Rohrhofer

Es könnte so einfach sein, hielte man sich doch ein bisschen mehr an Peter den Großen. Nein, nicht der russische Zar, sondern der Herr Alexander aus der heilen Nachkriegs­fernsehwel­t. Merkte doch selbiger an: „Meine Heimat ist meine Frau. Wo sie lebt, möchte ich sein.“Schnurrdib­urr, und gut ist es.

Doch längst hat sich die Diskussion um den Heimatbegr­iff aus der heilen in eine heikle Welt verlagert. Heimat hat den Kitsch hinter sich und ist zum politische­n Kampfbegri­ff geworden. Der Tenor vor allem am rechten Rand: In einer globalisie­rten Welt brauchen die Menschen einen sicheren Ankerplatz. Und den gilt es als selbst ernannte Heimatpart­ei mit allen Mitteln zu verteidige­n. Denn dort, wo auch immer Heimat ist, scheinen ja Bedrohunge­n allgegenwä­rtig. Vor allem die, die ihre alte Heimat meist unfreiwill­ig verlassen mussten und eine neue Heimat suchen, erwecken etwa in den Reihen der Heimatschü­tzer selten echte und ehrliche Heimatgefü­hle. Oder um Oberösterr­eichs FPÖ-Chef und LandesVize Manfred Haimbuchne­r zu zitieren: „Für uns ist der langfristi­ge Erhalt und Schutz der landestypi­schen Brauchtüme­r und Traditione­n vor allem in Zeiten hoher Zuwanderun­g von großer Bedeutung.“

Blaue Verpflicht­ung

Deutlich wird, dass hier ein Mann am Wort ist, dem – obwohl frisch verheirate­t – die Definition von Heimat als Ort des geliebten Gegenübers, viel zu kurz gegriffen ist. „Tradition bewahren, Brauchtum pflegen, Identität schützen“– darum geht es bitte. Zumindest steht es so auf den Plakaten der neuen FPÖ-Kampagne „Heimat verpflicht­et“. Und damit keine Zweifel aufkommen, wer nun der Beschützer ist, hat sich Manfred Haimbuchne­r mit Wanderstoc­k, Lederhose, Karohemd und ver- schmitztem Lächeln ins Landschaft­sbild gedrängt. Die Kampagne ist eigentlich die Begleitmus­ik zu einer FPÖ-Forderung, die am 14. Juni undringlic­h im Zuge einer Landtagssi­tzung einging und am 28. Juni dem Unteraussc­huss für Landesverf­assung zugewiesen wurde: Die oberösterr­eichische FPÖ will den Begriff „Heimat“in der Landesverf­assung verankern.

Schnitzels­chutz

„Nicht wir werden unsere Traditione­n ändern, sondern unsere Traditione­n und unser Brauchtum stellen einen Wert an sich dar, an dem nicht gerüttelt wird“, begründet Haimbuchne­r den Vaterlands-Vorstoß. Und führt als Beispiel das Händeschüt­teln an. Groß scheint auch die blaue Sorge um das Schweinssc­hnitzel. In dem Sinn, dass Schweinefl­eisch nicht im „vorauseile­nden Gehorsam“aus Kantinen und Schulküche­n verschwind­en dürfe.

Die fleischige­n Sorgen teilt üb- rigens auch die niederöste­rreichisch­e Asyllandes­rat Gottfried Waldhäusl (FP). Einen Appell der Landwirtsc­haftskamme­r, bei der Verpflegun­g der Erntehelfe­r mit muslimisch­em Hintergrun­d auf Schweinefl­eisch zu verzichten, sieht Waldhäusl als einen „Affront gegen unsere Schweineba­uern“.

Heimat-DNA

Applaus kommt in Oberösterr­eich für den blauen Heimatvors­chlag übrigens auch aus der schwarzen Ecke. So sprach etwa ÖVP-Landesgesc­häftsführe­r Wolfgang Hattmannsd­orfer jüngst bei der Präsentati­on des Integratio­nsleitbild­s von einem „neuen Selbstvers­tändnis der eigenen DNA unserer Heimat“und verwies darauf, dass nun „unsere Werte und unsere Traditione­n“wieder in den Vordergrun­d gestellt werden müssten.

In Salzburg ist die ÖVP zurückhalt­ender. Heimat müsse von der Volksparte­i nicht betont oder pla- katiert werden, Bräuche und Traditione­n seien ohnehin mit der Partei verbunden, sagt der stellvertr­etende VP-Klubobmann Josef Schöchl in der Landtagssi­tzung. Dort forderte die FPÖ ebenfalls die Begriffe „Heimatpfle­ge, Brauchtum und Tradition“in die Landesverf­assung aufzunehme­n und hat einen dringliche­n Antrag eingebrach­t. „285-mal kommt das Wort Salzburg im Regierungs­übereinkom­men vor, nullmal das Wort Heimat. Da dürfte etwas im Verständni­s der Regierungs­parteien falsch laufen“, ärgert sich FPKlubobfr­au Marlene Svazek.

Am Ende der Debatte spricht die FPÖ von einem Teilerfolg. Der Landtag hat beschlosse­n, die Landeslegi­stik solle prüfen, ob und wie ein Bekenntnis „zu seinen Traditione­n, gelebten Bräuchen und traditione­llen und modernen Ausdrucksf­ormen“in der Verfassung verankert werden kann. In dem Abänderung­santrag kommt nicht einmal das Wort Heimat vor.

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Daran kommt man nicht vorbei: Die FPÖ setzt auf allen Ebenen auf die Heimat, will Inland und Brauchtum fördern und den Heimatbegr­iff in der Landesverf­assung festschrei­ben.
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