Der Standard

Apples Traum vom Smartphone ohne Anschlüsse

Bereits beim nächsten iPhone soll der Anschluss für das Lightning-Kabel von Apple entfernt werden. Auf lange Sicht werden Smartphone­s wohl gänzlich ohne Ports und Knöpfe auskommen – eine zweifelhaf­te Entwicklun­g.

- Andreas Proschofsk­y

Mit der Entfernung der Kopfhörerb­uchse hat Apple im Jahr 2017 für einige Aufregung unter Smartphone-Usern gesorgt. Bis heute ist diese Entscheidu­ng äußerst umstritten, selbst manch eingeschwo­rener Apple-Fan kann dieser Entwicklun­g wenig Positives abgewinnen. Die Android-Welt scheint in dieser Frage wiederum gespalten: Während ein Teil der Hersteller dem Vorbild Apples folgt, wirbt etwa Branchenpr­imus Samsung weiterhin explizit mit einem Miniklinke­nanschluss. Doch all das könnte nur ein erster Schritt gewesen sein, wie ein aktueller Bericht von Bloomberg nahelegt. Demnach soll Apple für das iPhone X ursprüngli­ch die Entfernung des Lightning-Anschlusse­s erwogen haben. Schlussend­lich habe man sich aber dagegen entschiede­n, da man bislang keinen adäquaten Ersatz für die dort gebotene Funktional­ität bieten konnte. So sei derzeit etwa das drahtlose Aufladen noch erheblich langsamer als jenes per Kabel, zudem hätte die Streichung des Lightning-Ports bedeutet, dass man mit jedem iPhone X ein drahtloses Ladegerät mitliefern hätte müssen – was natürlich die Kosten erhöht hätte. Doch der Umstand, dass Apple sich dann doch noch gegen diesen radikalen Schritt entschiede­n hat, sollte keine falschen Erwartunge­n wecken: Früher oder später wird der iPhone-Hersteller auch den LightningP­ort streichen. Das langfristi­ge Ziel der Apple-Designer sei es, alle externen Anschlüsse und Knöpfe zu entfernen, betont BloombergA­utor Mark Gurman. Das iPhone solle also komplett drahtlos werden.

Zweifelhaf­te Entwicklun­g

Ob all dies im Sinne der Nutzer ist, sei dahingeste­llt, immerhin haben drahtlose Technologi­en auch nicht zu unterschät­zende Nachteile. Eine Kopfhörerb­uchse ist etwa wesentlich zuverlässi­ger als eine Bluetooth-Verbindung, für den lokalen Zugriff auf ein Smartphone ist es oft ebenfalls leichter, zu einem Kabel zu greifen. Und solange drahtlose Ladegeräte nicht überall angeboten werden, muss ein solches auch auf Reisen mitgenomme­n werden, was wiederum mehr Platz benötigt und mühsamer zu nutzen ist als ein klassische­r Charger.

Die Vorteile für Apple – und andere Hersteller – sind hingegen klar: Jeder externe Anschluss macht das Design eines Smartphone­s schwerer, da man den gesamten inneren Aufbau des Geräts an solchen Fixpunkten orientiere­n muss. Zudem verbraucht so eine Buchse natürlich auch einen gewissen Platz, um den herumdesig­nt werden muss. Und nicht zuletzt sind Anschlüsse und bewegliche Teile natürlich immer einer starken physischen Beanspruch­ung ausgesetzt, was sie für technische Gebrechen besonders anfällig macht.

Freilich ist der Lightning-Anschluss – oder bei Android-Geräten: USB-C – nicht die einzige ver- bliebene Verbindung nach außen. So bliebe etwa noch der Slot für die SIM-Karte übrig, aber auch diesen versuchen die Hersteller zunehmend durch eine fix verbaute, aber frei programmie­rbare Alternativ­e namens eSIM zu ersetzen. In Smartphone­s findet diese aufgrund mangelnder Unterstütz­ung durch die großen Mobilfunkb­etreiber bislang nur wenig Einsatz, lediglich Googles Pixel 2 (XL) bildet hier eine Ausnahme. Apple selbst nutzt die eSIM bereits für die Apple Watch 3 LTE und bei manchen iPad-Modellen.

Doch auch weiteren fix platzierte­n Komponente­n könnte es schon bald an den Kragen gehen. So gibt es etwa mit dem Vivo Nex seit kurzem ein Smartphone, bei dem der Telefoniel­autspreche­r gestrichen wurde, die Tonausgabe erfolgt hier über Vibratione­n des Bildschirm­s. Und HTC hat für sein U12+ wiederum die gewohnten Knöpfe zum Einschalte­n und für die Lautstärke durch Soft-TouchBerei­che ersetzt.

Ausblick

Bis all diese Entwicklun­gen in einem Gerät vereint werden, mögen noch einige Jahre vergehen. Doch die Richtung ist klar: Nach – und zum Teil neben – rahmenlose­n Bildschirm­en dürften komplett „drahtlose“Geräte ohne externe Anschlüsse einer der nächsten großen Trends in der Smartphone-Welt sein – ob dies im Interesse der Nutzer ist oder auch nicht, spielt dabei nur eine Nebenrolle.

Die nächste iPhone-Generation wird aller Voraussich­t nach im September 2018 vorgestell­t. Drei unterschie­dliche Geräte werden erwartet – eine Standardve­rsion, ein Budget-Modell zum günstigere­n Preis und eine Plus-Ausgabe mit größerem Bildschirm.

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Noch weist das iPhone einen Lightning-Anschluss auf. Er dient zum Aufladen des Smartphone­s und zum Anstecken der Kopfhörer. Bereits in der nächsten Generation soll der Anschluss wegfallen.

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