„Der EU-Ratsvorsitz als PR-Chance für Österreich“
Anton Pelinka, Politikwissenschafter und Autor
Standard: Welche Themen vermissen Sie auf der Agenda des EU-Vorsitzes? Pelinka: Kaum angesprochen wurde Macrons Idee einer europäischen Armee. Die EU als militärische Einheit ist ein Faktor, der ernsthaft angegangen werden sollte, wenn man das Thema Sicherheit ins Zentrum stellt.
Standard: Was wird tatsächlich passieren? Pelinka: Die Frage ist, wie berechenbar die deutsche Politik als stabiler Faktor in der EU bleibt. Auch der US-Präsident scheint entschlossen, die EU zu schwächen. Sonst hätte er wohl kaum versucht, Frankreich den Austritt aus der EU schmackhaft zu machen.
Standard: Was kann und will die österreichische Bundesregierung in der EU bewirken? Pelinka: Der Vorsitz wird überschätzt, denn der Rat hat ja den ständigen Ratspräsidenten Donald Tusk. Die EU-Ratspräsidentschaft ist vor allem eine PR-Chance für Österreich, man kann sich gut darstellen – oder auch nicht so gut. Ein aus meiner Sicht schwerer Fehler war, dass sich Sebastian Kurz von der bayerischen Innenpolitik instrumentalisieren ließ. Österreich ist doch kein deutsches Bundesland. So etwas hat nichts mit „Brückenbauen“zu tun.
Standard: Wie europafreundlich ist die Bundesregierung? Pelinka: Das ist eine Leerformel. Meint man ein Europa, das sich als antiislamische Kraft oder als Europa einer vertiefenden Union versteht? Von Letzterem hab ich nichts bemerkt. (mhe)