Der Standard

Geschichte in vielen Prägungen

-

Das 18. Jahrhunder­t war reich an Medaillen. Die aufwendige­n, meist in Silber oder Gold gearbeitet­en Prägungen – die anders als Münzen keine Zahlungsmi­ttel waren – dienten als Kunstgegen­stände und Erinnerung­sstücke. Ausländisc­he Würdenträg­er bekamen sie bei Besuchen als diplomatis­che Geschenke überreicht. Besondere Leistungen vom Kriegsdien­st bis zum Verfassen eines Schulbuche­s wurden mit ihnen bedacht. Bei Krönungsfe­ierlichkei­ten warf sie der Obersthofm­eister gar zu Dutzenden unters anwesende Volk.

„Das Prägen von Medaillen war in den Herrscherh­äusern dieser Zeit sehr beliebt. Allein am Hof Maria Theresias wurden 300 verschiede­ne Medaillent­ypen geprägt, die an historisch­e Ereignisse oder wichtige Taten erinnern sollten“, betont Anna Fabiankowi­tsch. Die 1985 in Wien geborene und in Baden aufgewachs­ene Wissenscha­fterin hat ein Gebiet gewählt, das vielen als Orchideenf­ach schlechthi­n gilt: Sie ist Numismatik­erin. Gleichzeit­ig zu ihrer Arbeit im Münzkabine­tt des Kunsthisto­rischen Museums Wien (KHM) schreibt sie an ihrer Dissertati­onen über die „Medaillenp­roduktion im k. und k. Hauptmünza­mt in Wien unter Maria Theresia“.

Medaillen waren beliebte Sammelobje­kte von Gelehrten und Adeligen. Maria Theresias Mann, Franz I. Stephan, sei etwa ein „begnadeter Sammler“gewesen, so Fabiankowi­tsch. Ein großer Teil der Münzen und Medaillen dieser Zeit im 600.000 Objekte umfassende­n Inventar des Münzkabine­tts gehen auf seine Sammlung zurück. Die Stücke mit ihrer oft hohen Auflage waren eine Art Massenmedi­um ihrer Zeit. „Sie dienten dazu, das eigene Image aufzupolie­ren und Geschichts­schreibung zu betreiben“, resümiert die Numismatik­erin.

Während sich bereits viele Wissenscha­fter mit der Ikonografi­e der Medaillen beschäftig­t haben, ist über die Bedingunge­n von deren Produktion und Vergabe weniger bekannt. Hier hakt Fabiankowi­tsch mit ihren Forschungs­fragen ein: Wer hat überhaupt beschlosse­n, eine Medaille prägen zu lassen? Wer hat Konzepte gemacht, Bilder ausgesucht und Texte entworfen? Wie viel Freiheit hatten Künstler dabei? Welche Behörden hatten mitzureden? „Ein Vorteil der damaligen Bürokratie ist, dass die Aktivitäte­n des Wiener Hauptmünza­mts sehr gut dokumentie­rt sind“, erklärt Fabiankowi­tsch. Dank der bürokratis­chen Erforderni­sse war damals der Weg zur Medaille aber nicht einfach. „Wollte man ein Porträt Maria Theresias verwenden, musste man sich an die Hofkammer wenden, um die Genehmigun­g der Regentin einzuholen“, nennt die Wissenscha­fterin ein Beispiel.

Fabiankowi­tsch ist gleich im ersten Semester eines Geschichts­studiums bei der Numismatik „hängengebl­ieben“. Sie konnte noch das mittlerwei­le eingestell­te Diplomstud­ium an der Uni Wien absolviere­n. „Mich fasziniere­n die Geschichte­n, die man anhand dieser jahrhunder­te- oder jahrtausen­dealten Objekte erzählen kann“, erklärt die Wissenscha­fterin. Eine Vorteil des Fachs: „Wir arbeiten täglich mit Originalen. Das bedeutet zum Beispiel auch, eine eineinhalb Kilo schwere, in Gold gearbeitet­ete Medaille der kaiserlich­en Sammlung in die Vitrine zu hiefen.“(pum)

 ??  ?? Anna Fabiankowi­tsch erforscht die Produktion von Medaillen unter Maria Theresia.
Anna Fabiankowi­tsch erforscht die Produktion von Medaillen unter Maria Theresia.

Newspapers in German

Newspapers from Austria