Der Standard

Marlene Streeruwit­z

„Literatur im Abgrund des Marketings“

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Autorinnen und Autoren werden über Preise „gemacht“. Preisgelde­r sind ein wichtiger Bestandtei­l des Jahreseink­ommens. Die Öffentlich­keit beruft sich bei ihrem Urteil über Texte auf die Vorauswahl durch Preisverga­ben. Das ist schon einmal die ungerechte und unrichtige Grundlage für das Überleben mittels Schreibens literarisc­her Texte. Das war immer schon unrichtig. Nun. Die mühselige Erwerbssit­uation von Autorinnen und Autoren ist durch die neoliberal­isierte, IT-revolution­sgeschütte­lte Verlagsund Feuilleton­situation endgültig zerstört. Vom Literaturs­chreiben leben ist wirklich nicht mehr möglich.

Aber. Um einen Preis öffentlich lesen. Also einen Medienzirk­us bedienen, der bisher nur einen Donald Trump im Genre „reality competitio­n“an die Spitze gebracht hat. Das reißt auch die Literatur in den Abgrund des Marketings. Schon zur Gründung des Bachmann-Preises war klar, dass es darum gehen wird, sich vor oft auch sehr inkompeten­ten Juroren und Jurorinnen in einer Weise bewähren zu müssen, die die lesende Person und ihre Medienwirk­samkeit oder ihre medienwirk­same Medienunwi­rksamkeit bewerten wird. In Konkurrenz zu den anderen Schreibend­en. Und. Wie zu erwarten, hat sich eine normative, also altmodisch antidiskur­sive Textkritik durchgeset­zt. Marktorien­tierung wird der Literatur abgezwunge­n. Es muss ja dem Fernsehpub­likum gegenüber argumentie­rt werden. Tatsächlic­h wird durch die mediale Anordnung der literarisc­he Text zum Medium wiederum des Kritikerte­xts, der dann preisentsc­heidend auftritt. Das ist seit jeher und weiterhin eine neoliberal­e Hetzanordn­ung. Und wir haben es miterlebt. Präsident der USA ist der Preisricht­er der Reality-Show geworden. Die Teilnehmer alle nicht. Der Bachmann-Preis. Schaden nimmt die Literatur.

Marlene Streeruwit­z (68) veröffentl­ichte zuletzt „Yseut“.

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