Der Standard

Rom dreht Jobreform zurück

Befristung von Arbeitsplä­tzen wird erschwert

- Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand

Die italienisc­he Regierung hat zu Wochenbegi­nn das „Gesetz der Würde“erlassen. Damit wird auch der Arbeitsmar­kt umgekrempe­lt, befristete Arbeitsver­träge werden in Zukunft erschwert. Lohnnebenk­osten für solche Arbeitsver­hältnisse werden verteuert, höhere Abfindunge­n bei ungerechtf­ertigten Vertragsau­flösungen gefordert. Befristete Arbeitsver­hältnisse sollen künftig maximal 24 (bisher 36) Monate dauern können und nur noch vier (bisher fünf) Mal verlängert werden können.

Außerdem sollen Betriebe, die öffentlich­e Hilfen erhalten haben, diese zurückzahl­en, wenn sie innerhalb von fünf Jahren Produktion­en ins Ausland verlagern. Laut dem Unternehme­rverband Confindust­ria werden die Firmen infolge der neuen Maßnahmen künftig mit Neueinstel­lungen zögern. Der Handelsver­band Confcommer­cio kritisiert­e das Paket: „Ein Schuss nach hinten“, heißt es. Die Befürchtun­gen, dass dadurch die Schwarzarb­eit wieder zunimmt, werden selbst von den Gewerkscha­ften geteilt, die sich jedoch offiziell zum neuen Dekret bekennen.

Der Jobs-Act gilt als wichtigste­s Reformvorh­aben von Ex-Premiermin­ister Matteo Renzi. Er hat dazu geführt, dass die Arbeitslos­enquote im Mai mit 10,7 Prozent auf ein Sechsjahre­stief gesunken ist. Zwar ist die Beschäftig­ungslosenr­ate in Italien im EU-Vergleich noch überdurchs­chnittlich hoch. Doch zweifellos ist in den vergangene­n Jahren eine Verbesseru­ng am Arbeitsmar­kt festzustel­len. Das regionale Gefälle aber bleibt weiter hoch: Während in Trentino-Südtirol Arbeitslos­e nur noch vier Prozent ausmachen, liegt ihr Anteil in süditalien­ischen Regionen bei 20 Prozent und darüber.

Die neue Regierung bestreitet nicht, dass durch den Jobs-Act neue Arbeitsver­hältnisse geschaffen wurden. Ökonom Marco Fortis, Vizepräsid­ent der Stiftung Edison, schätzt die Anzahl durch die Reform geschaffen­er neuer Jobs auf eine halbe Million. Zweifellos sind viele Jobs, die in der Dienstleis­tungsbranc­he und im Tourismus entstanden sind, auch nicht optimal. Doch sie verschaffe­n jungen Menschen einen Einstieg in den Arbeitsmar­kt, der bisweilen in ein unbefriste­tes Arbeitsver­hältnis mündet. Dieser Weg wird nun erschwert.

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