Ministerrat segnet Standortgesetz ab
Wirtschaft begrüßt Verfahrensbeschleunigung, Verfassungsrechtler haben Bedenken
Wien – Der Ministerrat hat am Mittwoch eine Punktation zum Standortentwicklungsgesetz beschlossen – also eine Zusammenfassung geplanter Änderungen. Das Gesetz selbst soll bis Ende der Woche in Begutachtung geschickt werden, hieß es am Mittwoch aus dem Wirtschaftsministerium.
Mit dem neuen Gesetz sollen Genehmigungsverfahren für „standortrelevante“Großprojekte deutlich beschleunigt werden. Dauert ein Verfahren zu lange, sollen solche Vorhaben künftig automatisch als bewilligt gelten – selbst dann, wenn das zugehörige Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren (UVP) noch nicht abgeschlossen ist. „Das Vorhaben ist ex lege genehmigt, sollte die UVP-Behörde nicht innerhalb von 18 Monaten ab Antragsstellung auf Erteilung einer Bestätigung der Bundesregierung zu einer Entscheidung gekommen sein“, sagte Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP).
Vertreter der Wirtschaft begrüßten die Initiative der Regierung. Harald Mahrer, Präsident der Wirtschaftskammer (WKO), sieht darin einen Gewinn sowohl für die Wirtschaft als auch für die Steuerzahler. „Stecken große In- frastrukturprojekte ewig in der Warteschleife, kostet das letztlich auch die Steuerzahler Unsummen“, sagte Mahrer.
Für die Industriellenvereinigung (IV) ist die Vorlage des neuen Standortentwicklungsgesetzes „richtig und wichtig“. Sie könne allerdings „nur ein Element aus einer ganzen Reihe weiterer notwendiger Schritte für effiziente Genehmigungsverfahren“sein, so Vize-Generalsekretär Peter Koren.
Bedenken äußerten hingegen NGOs und Rechtsexperten. Der Verfassungsrechtler Heinz Mayer etwa hält das Standortgesetz für unzulässig. Eine automatische Genehmigung, wenn die UVP-Behörde nicht binnen einer Frist von 18 Monaten entscheidet, sei rechtswidrig. Der Ausgang der Prüfung lasse sich durch eine solche Regelung leicht manipulieren, „die Behörde braucht ja nur nichts zu tun, wenn sie ein Projekt genehmigt haben will, und dann ist es genehmigt“, sagte der Verfassungsjurist. „Außerdem muss man ja auch die Parteienrechte der Gegenparteien wahren. Man kann ja nicht behördliches Versagen oder behördliche Nachlässigkeit dazu führen lassen, dass die Parteienrechte untergehen.“
Greenpeace-Sprecher Lukas Hammer fürchtet, dass das Gesetz dabei helfen könne, Großprojekte gegen den Willen der Bürger oder auf Kosten der Umwelt durchzuboxen. Die automatische Genehmigung gelte auch dann, wenn Unterlagen nicht korrekt eingebracht wurden oder das Projekt auf der Kippe steht. Die NGO befürchtet, dass das Verfahren bei Projekten, die schlechte Chancen auf Bewilligung haben, künstlich in die Länge gezogen werden könnten.
Gremium für Beurteilung
Das Gesetz sieht vor, dass Anträge für „standortrelevante“Großprojekte von Landeshauptleuten und der Regierung eingebracht werden können, die jeweils zuständigen Minister sollen dazu Stellung nehmen. Ein Expertengremium, der Standortentwicklungsbeirat, soll die beantragten Vorhaben beurteilen und eine Empfehlung abgeben. Dieser wird eigens dafür geschaffen.
Ob ein standortrelevantes Vorhaben im besonderen öffentlichen Interesse der Republik Österreich liegt oder nicht, entscheidet schlussendlich die Regierung selbst im Ministerrat. (red)