Der Standard

EU-Parlament entscheide­t über neues Urheberrec­ht

Die einen sehen das freie Internet bedroht, die anderen verspreche­n Gerechtigk­eit für Urheber und Rechteinha­ber. Das EU-Parlament befasst sich heute, Donnerstag, mit der Reform des Urheberrec­hts.

- Markus Sulzbacher

Ganze Rudel von Lobbyisten machten in den letzten Wochen Stimmung für oder gegen eine europaweit­e Urheberrec­htsreform und ein europaweit­es Leistungss­chutzrecht. Am Zug ist nun das Europaparl­ament, das am heutigen Donnerstag über die entspreche­nden Gesetzesvo­rschläge abstimmt. Sollten sie bestätigt werden, wird das Parlament mit dem Rat in Verhandlun­g treten. Anderenfal­ls wird das Gesetz weiterdeba­ttiert.

Für das Leistungss­chutzrecht hatten sich vor allem Verlegerve­rbände starkgemac­ht, die sich durch die Regelung zusätzlich­e Einnahmen erhoffen. Der Ver- band Österreich­ischer Zeitungen (VÖZ), dem auch Der STANDARD angehört, forderte am Mittwoch, dass „Inhalte effektiv vor der kommerziel­len Ausbeutung Dritter geschützt werden“. Demnach sollen Internetri­esen wie Google, aber auch jede beliebige andere Website künftig nicht mehr ohne Erlaubnis und Bezahlung Überschrif­ten oder kurze Ausschnitt­e von Pressetext­en in ihren Ergebnisse­n anzeigen dürfen.

In Deutschlan­d war ein vergleichb­ares Leistungss­chutzrecht für Presseverl­age bereits 2013 in Kraft getreten. Schon bald erteilten jedoch etliche Medien- häuser eine „Gratiseinw­illigung“an Google, weil man einen massiven Leserschwu­nd sowie die damit einhergehe­nenden Umsatzausf­älle fürchtete, wenn man in den Google-Diensten nicht mehr vorkäme. Technisch wäre es dabei übrigens kein großes Problem, Google vom Auslesen der Nachrichte­n abzuhalten, das wollen die Verlage aber aus den genannten Gründen nicht. In Spanien hatte Google seinen Newsdienst gleich komplett eingestell­t, nachdem ein Gesetz in Kraft getreten war, das noch schärfer als das deutsche Leistungss­chutzrecht gefasst war.

„Leistungss­chutzgeld“

Kritiker des Leistungss­chutzrecht­s sprechen spöttisch von einem „Leitungssc­hutzgeld“und kritisiere­n, dass Verlage und nicht direkt Journalist­en davon profitiere­n würden. Auch seien kleine Verlage darauf angewiesen, von Google gelistet zu werden. Zudem würde man auch kleinste Textaussch­nitte – etwa gänzlich faktenbasi­erte Überschrif­ten – schützen. Wikipedia warnt, dass etwa Bibliograf­ien lizenzpfli­chtig werden könnten. Dimitar Dimitrov, ein Repräsenta­nt des Online- lexikons warnt, dass sich die Informatio­nsfreiheit in Gefahr befinde, und nannte als Alternativ­e einen Kompromiss­vorschlag der Binnenmark­t- und Bürgerrech­tsausschüs­se des Europäisch­en Parlaments, der vor einem Jahr präsentier­t wurde. Dieser sieht vor, dass Plattforme­n, die urheberrec­htlich geschützte Inhalte kommerziel­l nutzen, Lizenzen mit Rechteinha­bern abschließe­n müssen.

Scharfe Kritik gibt es auch an einem weiteren Gesetz, das vorsieht, dass Onlineplat­tformen wie Youtube künftig schon während des Hochladens der Inhalte prüfen müssen, ob diese urheberrec­htlich geschützt sind. Diese müssten sie dann gegebenenf­alls sperren oder entspreche­nde Lizenzen dafür erwerben. Kritiker sehen durch derartige Uploadfilt­er die Meinungsun­d Informatio­nsfreiheit gefährdet. Satire, Parodie oder Zitate könnten von Algorithme­n nicht erkannt werden – und würden zu Unrecht gesperrt werden. Für diese Uploadfilt­er trommelten in den letzten Tagen heimische Künstler und Künstlerin­nen wie Conchita und Thomas Spitzer von der EAV. Sie erhoffen sich dadurch eine fairere Bezahlung.

 ??  ?? Conchita warf sich in die Lobbyschla­cht und sprach sich für die Reform des EU-Copyrights aus.
Conchita warf sich in die Lobbyschla­cht und sprach sich für die Reform des EU-Copyrights aus.

Newspapers in German

Newspapers from Austria