Der Standard

Eltern allein lassen

- Gerald John

Es wird allmählich zu einem Markenzeic­hen: Die Regierung propagiert lauthals ein politische­s Ziel – und streicht dann die Mittel zusammen, mit denen sich dieses erreichen ließe. Was mit der Kürzung der Integratio­nsförderun­g für Flüchtling­e begonnen hat, setzen die Koalitionä­re nun in der Familienpo­litik fort.

ÖVP und FPÖ wünschen sich, dass Arbeitnehm­er bei Bedarf künftig bis zu zwölf statt zehn Stunden arbeiten. Umso stärker sollte die Regierung Eltern dabei unterstütz­en, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. Doch davon ist keine Rede: Das Budget für 2019 reserviert für Investitio­nen in die Kinderbetr­euung weniger Geld als bisher.

Zwar wird mit den Ländern noch verhandelt, doch Familienmi­nisterin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) hat Kürzungen bereits mehr oder minder bestätigt – und verteidigt diese: Weil eh schon 94 Prozent der Drei- bis Fünfjährig­en in den Kindergart­en gehen, sei da ein Ausbau nicht mehr nötig.

Die Ministerin unterschlä­gt, dass es nicht nur um die Quantität, sondern auch um die Qualität geht. Vielerorts außerhalb Wiens sperren Kindergärt­en früh am Nachmittag zu. Schon jetzt, ohne Zwölfstund­entage, müssen Eltern ohne fitte Omas und Opas viel Geld für Extrabetre­uung ausgeben – oder auf Vollzeitjo­bs verzichten. Es ist ein Hohn, wenn Bogner-Strauß von den Einrichtun­gen nun flexiblere Öffnungsze­iten fordert, aber weniger zahlen will: Ohne zusätzlich­es Geld für Personal geht der Wunsch ins Leere.

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