Länder-Kopftuchverbot
Rund 12.500 Bewerber versuchten in der Vorwoche den Aufnahmetest für das Medizinstudium. Wer einen der 1680 Plätze ergattern wollte, musste viel Zeit und teils auch Geld investieren. Dabei schneiden Kandidaten, die einen teuren Kurs besuchen, gar nicht be
Vizekanzler Strache sorgt mit seinem Vorstoß, einen Pakt mit den Ländern beim Kopftuchverbot zu schließen, für Staunen.
Für die meisten Menschen sei ein Krankenhaus ein abschreckender Ort, „aber für mich ist ein Spital etwas Schönes“, sagt Clara. Um diesen Ort zu ihrer künftigen Arbeitsstätte zu machen, hat die 17-Jährige in den vergangenen Monaten einiges investiert: einerseits vier Stunden Abendkurs, zwei- bis dreimal die Woche, über ein ganzes Jahr hinweg, andererseits 1000 Euro, um eben diesen Vorbereitungskurs zu bezahlen. Clara will Ärztin werden. Ein anderer Beruf kommt nicht infrage. Vergangene Woche versuchte sie ihr Glück beim Medizin-Aufnahmetest (Med-AT). Trotzdem schätzt sie ihre Chancen, im Herbst ihr Medizinstudium beginnen zu können, gering ein: Da der Maturatermin so spät angesetzt war, sei die Zeit für die Vorbereitung auf den Medizin-Aufnahmetest zu knapp gewesen. „Ich werde wohl nächstes Jahr noch einmal antreten müssen“, sagt die Wienerin. Spätestens im Februar will sie mit dem Lernen beginnen.
Der Med-AT findet nur einmal im Jahr statt – zeitgleich an allen Orten, an denen man in Österreich Medizin studieren kann: Wien, Graz, Innsbruck und Linz. 12.552 Bewerber tüftelten vergangenen Freitag über den Aufgaben, 1680 Studienplätze gibt es österreichweit. Beim Eignungstest werden zunächst die Basiskenntnisse in Biologie, Chemie, Physik und Mathematik abgefragt, Lesekompetenz und Textverständnis überprüft und schließlich kognitive Fähigkeiten sowie sozial-emotionale Kompetenzen getestet. Wer sich für das Zahnmedizinstudium beworben hat, muss statt Textverständnis seine manuellen Fertigkeiten beim Drahtbiegen unter Beweis stellen.
Dass der Aufnahmetest für angehende Mediziner und Zahnmediziner eine große Herausforderung ist, weiß auch Anita Rieder, Vizerektorin der Med-Uni Wien. Die Hochschule befragt alljährlich die Studienplatzanwärter, wie sie sich auf den Test vorbereitet haben. „30 Prozent besuchen einen kommerziellen Vorbereitungskurs“, sagt Rieder. Damit hat die Vizerektorin wenig Freude. Es sei ein Geschäftsmodell, die Kurse würden die Bewerber in falscher Sicherheit wiegen. Denn: „Die Erfolgswahrscheinlichkeit ist dadurch nicht höher.“Auf Basis der Befragung weiß sie auch, wie entscheidend die Prüfungsvorbereitung ist. Daher stellt die Med-Uni Prüfungsunterlagen schon mindestens vier Monate vor dem Test kostenfrei zur Verfügung.
Für Valerie war es der zweite Antritt. Dieses Mal hofft die 20-Jährige auf Erfolg, „aber man kann es nie wissen, weil es immer davon abhängt, wie gut die anderen sind“. Kritisch betrachtet sie den Prüfungsteil „Kognitive und emotionale Fähigkeiten“: Nicht nur weil man sich darauf schwer vorbereiten kann, sondern auch weil „es seltsam ist, soziale Kompetenz mit einem Multiple-Choice-Test abzufragen“, sagt Valerie.
Auch Jonathan hat sich akribisch auf den Test vorbereitet. Ab November lernte er für seinen zweiten Versuch, Medizin studieren zu dürfen. Die Unterlagen suchte er sich selbst zusammen, teils aus Vorbereitungsmaterial von der Uni, teils aus Internetforen und Büchern. Um sein Wissen zu überprüfen, absolvierte er auch einige Probetests. Neben dem Zivildienst war das intensive Lernen für den 19-Jährigen kein leichtes Unterfangen, musste er als Rettungssanitäter doch auch Zwölfstundenschichten schieben. „Das war schon zach“, sagt Jonathan. Von seinem Wunsch, Arzt zu werden, kann ihn die Aufnahmehürde trotzdem nicht abhalten: „Mit ein bisschen Sitzfleisch ist die Prüfung auf jeden Fall machbar“, gibt er sich optimistisch.
Die Med-Unis planen bereits den Test für das nächste Jahr: Bei der Anmeldung soll es einen Online-Test geben, der die Bewerber anregt, über ihr Berufsbild zu reflektieren. Zunächst müssen aber die aktuellen Tests ausgewertet werden, die Unis arbeiten auf Hochtouren. Für Clara, Valerie und Jonathan heißt es warten, erst Anfang August erfahren sie, ob sie Medizin studieren dürfen.