Der Standard

FAKTEN ZUR PRIVATEN FLÜCHTLING­SRETTUNG IM MITTELMEER

Mit groß angelegten Spendenakt­ionen wollen die deutschen TV-Größen Jan Böhmermann und Klaas Heufer-Umlauf Flüchtling­shelfer im Mittelmeer unterstütz­en. Bereits in den ersten Tag konnten fast 150.000 Euro gesammelt werden. Doch wie ist die aktuelle Lage vo

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Wie registrier­t man ein Schiff, um Flüchtling­e zu retten?

Um

ein Schiff zu betreiben, müssen die Voraussetz­ungen des Landes erfüllt sein, unter dessen Flagge das Schiff operiert. Dabei gelten etwa Standards, wie die Crew ausgebilde­t, in welchem Zustand das Schiff sein muss oder welche Sicherstan­dards an Bord gelten dürfen. Die italienisc­he Regierung fordert zudem von Hilfsorgan­isationen die Einhaltung eines Verhaltens­kodex, der unter anderem verbietet, in libysche Gewässer einzudring­en oder Signale und Funksprüch­e an ablegende Flüchtling­sboote zu senden. Zusätzlich wird die Autorität der Seenotrett­ungsleitst­elle in Rom anerkannt.

Warum bringen Helfer die Geretteten nicht einfach nach Libyen zurück?

Weil

sich die Retter an die Anweisunge­n der italienisc­hen Behörden halten müssen, die die Seenotrett­ungen im zentralen Mittelmeer koordinier­t, sagt Jana Ciernioch von SOS Mediterran­ée, die das Schiff Aquarius betreibt. Diese weisen den nächsten sicheren Hafen zu. Ein Eindringen in fremde Hohheitsge­biete wäre illegal. Eine Rettung ist nach internatio­nalem Recht nur an einem sicheren Ort abgeschlos­sen. Laut Hassiba Hadj-Sahraoui von Ärzte ohne Grenzen ist Libyen kein solcher. Dass NGOs als Schlepper arbeiten, weisen Helfer zurück, agieren sie doch unter Anleitung Italiens.

Wo befinden sich im Moment die privaten Hilfsschif­fe?

Nicht

auf hoher See. Keines der bekannten Schiffe kreuzt im Moment im zentralen Mittelmeer. Laut Medienberi­chten liegt die spanische Open Arms im Hafen von Barcelona. Die Aquarius, betrieben von Ärzte ohne Grenzen und SOS Mediterran­ée, liegt in Marseille vor Anker. Die deutsche Sea Watch, die Sea Eye und die Lifeline wurden von den maltesisch­en Behörden in Valletta blockiert. Gegen den Kapitän der Lifeline läuft ein Verfahren. Auch die Sea Watch 3 und die Seefuchs sollen in Malta vor Anker liegen. Es ist noch unklar, ob sie den Hafen verlassen dürfen.

Wie viele Menschen wurden in den vergangene­n Jahren gerettet?

Laut

italienisc­her Küstenwach­e wurden heuer im April 2623 Menschen im zentralen Mittelmeer gerettet. Davon 1109 Personen durch NGO-Schiffe und 669 durch die Küstenwach­e. Zum Vergleich: Im April 2017 wurden 12.590 Personen gerettet, die Mehrheit von privaten Hilfsschif­fen (5015 Personen) und kommerziel­len Schiffen (3523 Personen). Ein weiteres Jahr davor, im April 2016, waren es 9230 Gerettete. Die Mehrheit wurde damals von der Küstenwach­e (2421 Personen) an Bord genommen. Es war auch das Jahr mit den laut UNHCR meisten Toten oder Vermissten: 5096 Personen. (bbl)

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