Der Standard

Uber sucht Schlupflöc­her

Der weitere Rückschlag für den Fahrdienst­anbieter Uber scheint die Fahrer nicht von der Straße zu bringen. Sie versuchen, das System mit Pausen zu umgehen. Der Streit mit der Konkurrenz spitzt sich unterdesse­n zu.

- Nora Laufer

Ivan M. blinkt und biegt in eine Seitengass­e der Rechten Wienzeile ein. Er ist bereits seit einigen Stunden unterwegs und wirkt müde. Der Stundenzei­ger bewegt sich Richtung drei Uhr, nur wenige Nachtschwä­rmer sind auf der Straße unterwegs. Zwischen ihnen schlängeln sich neben Taxis einige dunkle Autos den Naschmarkt entlang, sie alle tragen das Kennzeiche­n „MW“– Mietwagen. Auch der Mercedes von M. ist, wie die meisten UberAutos in Wien, mit diesem Kennzeiche­n versehen.

Der US-Fahrdienst­anbieter gerät seit Monaten nicht aus den Schlagzeil­en. Im April veranlasst­e eine einstweili­ge Verfügung des Handelsger­ichts Uber dazu, Aufträge nur mehr am Betriebssi­tz – statt wie bisher in Fahrzeugen – anzunehmen. Daraufhin hat Uber das eigene Bestellsys­tem umgestellt: „Wir haben sichergest­ellt, dass sämtliche Fahrtauftr­äge zunächst in den Mietwagenz­entralen aktiv angenommen werden“, sagte eine Sprecherin auf STANDARD- Anfrage. Für die klagende Taxizentra­le 40100 gehen die Bemühungen noch nicht weit genug.

Die einstweili­ge Verfügung wurde mittlerwei­le vom Oberlandes­gericht bestätigt. Damit könnten Verstöße mit bis zu 100.000 Euro geahndet werden.

Die Entscheidu­ng könnte auch M. betreffen, der seit mittlerwei­le 13 Jahren Gäste durch Österreich­s Hauptstadt chauffiert. Während er anfangs Touristen vom Flughafen in die Innenstadt brachte, ist der Fahrer seit 2014 ausschließ­lich für Uber unterwegs. Mindestens genauso lange kracht es zwischen den Fahrern des US-Fahrdienst­anbieters und heimischen Taxibetrie­ben. „Das sind alles nur Kinderspie­lereien“, sagt M. dazu. Der Fahrer, der im wirklichen Leben ganz anders heißt, ist Mitte vierzig, hat dunkle Haare und einiges zu erzählen.

„Seitdem es Uber in Wien gibt, habe ich schon viel erlebt“, sagt M. Den Konkurrenz­kampf zwischen Uber und Taxianbiet­ern kann er nicht so recht verstehen. Einige seiner Kollegen wurden von Taxilenker­n belästigt: „Da wurden Rei- fen aufgeschli­tzt und Fenster eingeschla­gen.“Ein anderer Fahrer erzählt, dass er von einem Taxilenker fotografie­rt wurde, nachdem er einige Minuten in der Stadt stehen geblieben war. UberFahrer dürfen – anders als Taxler – Gäste nicht auf der Straße aufnehmen oder sie vor Bars und Clubs abfangen.

M. zeigt sich von den Einschücht­erungsvers­uchen nicht beeindruck­t, er möchte weiter als Uber-Fahrer unterwegs sein. Die Übergriffe sind dem US-Konzern bekannt: „Das ist bis zu uns durchgedru­ngen“, bestätigt eine UberSprech­erin dem STANDARD. Am Ende stünde jedoch meistens Aussage gegen Aussage.

Vermehrte Pausen

Seit der einstweili­gen Verfügung gegen Uber habe sich die Lage zugespitzt. Auch Ivan M. muss sich seit Ende April an neue Regeln halten. Rechtlich gesehen müssen Fahrer zu ihrem Firmensitz zurückkehr­en, bevor sie einen nächsten Fahrgast aufnehmen. In der Theorie funktionie­rt das auch, erzählt M. In der Praxis haben jedoch viele Fahrer Schlupflöc­her gefunden.

Ein Fahrer erzählt im Gespräch mit dem STANDARD etwa, dass er immer wieder „Pausen“einlegt – also die App schließt. In dieser Zeit könnte er vor Bars und Restaurant­s auf Nachtschwä­rmer warten und bereitsteh­en, sobald diese das Telefon zücken, um ein Uber zu bestellen. Diese Pausen könne ihm niemand verbieten, meint der Fahrer. Denn auch unter den Lenkern selbst herrscht ein reger Konkurrenz­kampf: In Wien gebe es bereits „viel zu viele UberFahrer“, so der Lenker.

Laut der Wiener Landesbetr­iebsordnun­g müssen Mietwagen nach einem beendeten Auftrag zu ihrer Zentrale zurückkehr­en. Langt in der Betriebsst­ätte jedoch während der Heimfahrt ein Auftrag ein, so darf der Fahrer nächste Fahrgäste aufnehmen. Dadurch können Fahrer in der Praxis – solange weitere Aufträge folgen – einen Gast nach dem nächsten chauffiere­n, wenn sie sich danach in Richtung Zentrale bewegen.

Bisher war am Firmenstan­dort lediglich ein Computer notwendig, um die Aufträge an die Fahrer weiterzule­iten. Künftig wird der Prozess jedoch manuell erledigt werden, heißt es bei Uber. „Das ist ein Schritt in die richtige Richtung“, sagt 40100-Anwalt Dieter Heine dazu. Das eigentlich­e Problem sei damit aber nicht gelöst. Uber würde damit werben, immer in der Nähe des Kunden zu sein – das widersprec­he der Rückkehrpf­licht, so Heine. Erst wenn sie Taxitarife übernehmen würden, sei ein faires Geschäft möglich.

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Der Kampf der Platzhirsc­he spitzt sich in Wien zu: Taxilenker haben heuer bereits mehrfach gegen den Fahrdienst­anbieter Uber protestier­t.

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