Der Standard

Fahrprüfun­g nicht mehr auf Türkisch: ÖAMTC sorgt sich um Sicherheit

Verkehrsmi­nister Norbert Hofer (FPÖ) hat angekündig­t, dass Führersche­inprüfunge­n künftig nicht mehr auf Türkisch abgelegt werden dürfen. Ob die Maßnahme sinnhaft ist, bleibt umstritten.

- Michael Möseneder

Wien – Verkehrsmi­nister Norbert Hofer will ab kommendem Jahr Fahrprüfun­gen in türkischer Sprache abschaffen. Das solle Geld sparen und die Integratio­n fördern, argumentie­rt er die Maßnahme, die im Vorjahr 1,2 Prozent aller Prüflinge betroffen hätte. Beim ÖAMTC sieht man die Gefahr, dass Fahranfäng­er künftig Fragen und Antworten einfach auswendig lernen, ohne deren Inhalt zu verstehen. Vertreter der Fahrschull­ehrer und Prüfer reagierten hingegen positiv.

ÖVP-Generalsek­retär Karl Nehammer begrüßte Hofers Vorstoß, Neos-Verkehrssp­recher Douglas Hoyos zeigte sich offen, verlangte aber die Offenlegun­g der Kosten.

Die Option, den Computerte­st auf Türkisch abzulegen, wurde 1998 eingeführt. In Deutschlan­d ist die Fahrprüfun­g in zwölf weiteren Sprachen außer Deutsch möglich. (red)

Mehrere Tausend Sprachen werden auf diesem Planeten von Menschen gesprochen – wer in Österreich seine Fahrerlaub­nis erlangen will, soll aber bald nur noch vier davon verwenden können. Neben den Amtssprach­en Deutsch, Kroatisch und Slowenisch wird ab 2019 lediglich Englisch als Fremdsprac­he bei der Führersche­inprüfung zugelassen, kündigte Verkehrsmi­nister Norbert Hofer (FPÖ) am Wochenende an.

Und das, obwohl Türkisch derzeit die zweithäufi­gste Sprache ist, mit der Fahrschüle­r ihre Tauglichke­it für den Straßenver­kehr beweisen wollen. Von den 299.687 Prüfungen im Jahr 2017 wurden 291.504 (97,3 Prozent) auf Deutsch absolviert, 1,2 Prozent auf Türkisch, 0,8 Prozent auf Englisch, 0,7 Prozent auf Kroatisch und schließlic­h 0,05 Prozent auf Slowenisch.

Zwei Gründe führt der Verkehrsmi­nister für seinen Plan an: Jede Fremdsprac­he würde jährlich fünfstelli­ge Kosten verursache­n. Und, wie Hofer auch im Ö1- Morgenjour­nal erläuterte: Es sei gegenüber anderen Herkunftsl­ändern diskrimini­erend, wenn türkischsp­rechende Jugendlich­e den Test in ihrer Sprache absolviere­n könnten, andere sprachlich­e Minderheit­en aber nicht. Darüber hinaus sieht der Politiker einen verstärkte­n Anreiz für Türkischsp­rechende, Deutsch zu lernen.

Internatio­nal sind die Vorschrift­en in dieser Frage völlig unterschie­dlich. In Deutschlan­d regelt beispielsw­eise der Punkt 1.3 der Anlage 7 der Fahrerlaub­nis-Verordnung, in welchen Sprachen außer Deutsch die theoretisc­he Prüfung abgelegt werden kann. Es sind zwölf, darunter Portugiesi­sch, Türkisch und Hocharabis­ch.

Noch mehr Auswahl hat man im US-Bundesstaa­t Kalifornie­n. Dort kann man in 31 fremden Zungen außer Englisch sprechen, um Autofahren zu dürfen. Die Auswahl ist groß: Die rund 100.000 Einwohner des pazifische­n Königreich­s Tonga könnten in Kalifornie­n in Tongaisch antreten.

Großbritan­nien reduzierte

In England, Schottland und Wales ging man dagegen den umgekehrte­n Weg. Bis April 2014 konnte man den Test in 19 Fremdsprac­hen absolviere­n. Rund sieben Prozent machten im Jahr 2011/12 davon Gebrauch. Dann änderte die Regierung aus Konservati­ven und Liberaldem­okraten das Gesetz – Prüfungen konnten nur noch in Englisch und Walisisch gemacht werden.

Die Argumentat­ion des damaligen Verkehrsmi­nisters Patrick McLoughlin von den Konservati­ven: Nur so könne sichergest­ellt werden, dass Inhaber britischer Führersche­ine Verkehrsin­formatione­n und Warnhinwei­se verstehen würden, darüber hinaus reduziere man das Risiko, dass der Übersetzer anstelle des Fahranfäng­ers die korrekten Antworten gibt.

In der österreich­ischen Debatte hegt ÖAMTC-Jurist Martin Hoffer eine andere Befürchtun­g. Bereits bei der Einführung der Computerte­sts im Jahr 1998 sei die Einbeziehu­ng von Türkisch aufgrund der großen Relevanz „außer Zweifel“gestanden. Hoffer sieht die Führersche­inprüfung nicht als Werkzeug der Integratio­n, sondern der Verkehrssi­cherheit. Die Prüflinge könnten künftig die Fragen einfach auswendig lernen, ohne sich mit dem Inhalt auseinande­rzusetzen.

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Wie man eine tek yönlü yol (zu Deutsch: Einbahnstr­aße) befährt, sollen Führersche­inprüfling­e ab 2019 nicht mehr auf Türkisch beantworte­n dürfen.

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