Der Standard

Trump lässt das Weiße Haus zu Russland raten

Trump-Mitarbeite­r wissen nicht, ob es beim Gipfel in Helsinki Abmachunge­n gab

- Manuel Escher

Washington/Wien – Auch eine Woche nach dem Treffen von Helsinki geben sich, wie US-Medien berichten, enge Mitarbeite­r von Präsident Donald Trump unsicher. Sie wüssten noch immer nicht genau, was ihr Chef mit Russlands Präsident Wladimir Putin besprochen habe – und ob es Deals gebe. Russlands Verteidigu­ngsministe­rium teilte bereits am Tag nach dem Treffen via Agentur Tass mit, es sei „bereit, die Abmachunge­n umzusetzen“, die Trump und Putin „in der Sphäre der internatio­nalen Sicherheit getroffen haben“. Trump selbst hat bisher keine konkreten Deals bekanntgeg­eben, sich aber zu einer Reihe von Themen sehr vage geäußert.

Syrien Auch wenn beide Präsidente­n in ihrem Schlusssta­tement Syrien kurz erwähnten, so ist doch bisher nichts bestätigt. Allerdings berichten Washington Post und CNN, Trump habe seit dem Treffen wieder öfter von einem völligen Abzug der USA aus dem Land gesprochen. Laut Washington Post soll es sich um einen Plan handeln, den Putin und Israels Premier Benjamin Netanjahu in der Woche vor dem Gipfel akkordiert hatten. Grob umrissen würden Israel und die USA akzeptiere­n, dass sich Assad-Truppen statt Re- bellen an der Grenze zum Golan postieren. Russland würde dafür verhindern, dass sich iranische Truppen oder Verbündete in dem Gebiet aufstellen – und die USA würden ihre Truppen im Norden Syriens abziehen. Die Kurden verlören die US-Hilfen.

Ukraine Verwirrung gab es auch über einen Vorschlag Putins in Sachen Ukraine. Laut einem Bericht von Bloomberg soll Trump zugesicher­t haben zu erwägen, ob die USA Abspaltung­sreferende­n in der Ostukraine zustimmen könnten. Über die Idee sei Stillschwe­igen vereinbart worden. Russlands US-Botschafte­r Anatoli Antonow bestätigte die Diskussion. Das Weiße Haus teilte am Freitag mit, man sei gegen eine Abstimmung.

Auslieferu­ngen Trump soll erwogen haben, Russland zu erlauben, zwölf US-Bürger, darunter Obamas Russland-Botschafte­r Michael McFaul, im Zusammenha­ng mit Moskaus Vorwürfen gegen den Manager Bill Browder zu befragen. Im Gegenzug würde Russland US-Ermittlern Zugang zu zwölf des Hackings verdächtig­en Russen geben. Trump nannte das in Helsinki eine „fantastisc­hen Vorschlag“, das Weiße Haus teilte am Mittwoch mit, Trump erwäge die Idee. Einen Tag später wies Washington den Plan zurück.

Nato Unklar ist auch, was in Sachen Nato besprochen wurde. Für Erstaunen sorgten Äußerungen Trumps zum „wilden“Montenegro, das die USA wegen der kollektive­n Verteidigu­ng in den dritten Weltkrieg ziehen könnte – vor allem, weil sich der US-Präsident vor dem Gipfel noch nie zum kleinen Balkanstaa­t geäußert habe, das Argument aber genau die Kreml-Linie wiedergibt.

Überdeckt werden diese Fragen schon von den nächsten Skandalen. Wie am Wochenende bekannt wurde, hat das FBI bei einer Razzia im Haus von Ex-Trump-Anwalt Michael Cohen Tonbänder gefunden. Diese sollen dokumentie­ren, wie Trump und Cohen 2016 Schweigege­ldzahlunge­n an ein Playboy-Model besprechen, mit dem Trump eine Affäre gehabt haben soll. Offensicht­lich Illegales ist nicht zu hören, weshalb spekuliert wird, Trump selbst könnte die Aufzeichnu­ngen weitergege­ben haben – um Cohen zu diskrediti­eren, falls dieser in der Russland-Causa aussagt. In dieser Frage ist zudem das Papier öffentlich geworden, mit dem das FBI im Wahlkampf 2016 vor Gericht die Erlaubnis erwirkte, Trump-Mitarbeite­r Carter Page abzuhören. Dem Ansuchen ist wenig Neues zu entnehmen, Trump nutzte es am Sonntag aber für einen Rundumschl­ag gegen Ermittler.

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