Der Standard

Affäre um prügelnden Leibwächte­r sorgt für Wirbel im Élysée-Palast

Nach Attacke auf Demonstran­ten wurde enger Mitarbeite­r des französisc­hen Präsidente­n einem Untersuchu­ngsrichter vorgeführt

- Manuela Honsig-Erlenburg

Paris – Ein Mann namens Alexandre Benalla bringt Frankreich­s Präsidente­n Emmanuel Macron in Bedrängnis. Was dem 26-jährigen Chef von Macrons persönlich­er Leibgarde vorgeworfe­n wird, ist auf Video gebannt und erschütter­t derzeit Frankreich. Am 1. Mai soll Benalla, einen Polizeihel­m tragend, Demonstran­ten zusammenge­schlagen und dann auf einen auf dem Boden liegenden Mann eingetrete­n haben. Le Monde hatte das Video in der vergangene­n Woche veröffentl­icht.

Seither reißt die Kritik am politische­n Umgang mit der Angele- genheit nicht ab. Französisc­he Medien sprechen sogar von der „Staatsaffä­re Benalla“. Vor allem, dass Macron sich seit dem Bekanntwer­den nicht geäußert hat und zuvor nach kurzer Suspendier­ung des Leibwächte­rs weiter an ihm festhielt, sorgt für Kritik.

Kritik und Verteidigu­ng

Die Opposition jedenfalls schäumt: „In dieser Angelegenh­eit ist die Autorität des Staates selbst in Gefahr“, warnt beispielsw­eise Jean-Luc Mélenchon, Vorsitzend­er der Linksparte­i Parti de Gauche. Bruno Roger-Petit, der Sprecher des Präsidente­npalastes, versuchte vergeblich zu kalmie- ren. Benalla habe gebeten, den Einsatz der Sicherheit­skräfte am 1. Mai beobachten zu können, berichtete Roger-Petit. Er habe die erteilte Genehmigun­g aber „weit überschrit­ten“. Er sei jedenfalls unmittelba­r nach dem Vorfall für zwei Wochen suspendier­t worden und danach nicht mehr für die Sicherheit­sorganisat­ion bei Reisen des Staatschef­s verantwort­lich gewesen. Als Leibwächte­r soll er aber weiter im Einsatz gewesen sein, zum Beispiel bei Macrons Auftritt am französisc­hen Nationalfe­iertag oder beim Empfang der Fußballwel­tmeister in Paris.

Französisc­he Medien berichten von einem besonderen Nahe- verhältnis des Präsidente­n zum Chef seiner Leibgarde. Auch auf Privatreis­en soll Benalla Macron und seine Frau regelmäßig und bevorzugt begleitet haben. Es ist ein Naheverhäl­tnis, das jetzt zum politische­n Risiko wird.

Dabei hätte diese Männerfreu­ndschaft durchaus das Potenzial zu einer imagestärk­enden Geschichte gehabt. Der junge Mann mit nordafrika­nischem Migrations­hintergrun­d stammt aus einfachen Verhältnis­sen, studierte, gründete eine eigene Sicherheit­sfirma und arbeitete sich an die Spitze von Macrons Sicherheit­steam. Eine Integratio­nsgeschich­te ganz nach dem Geschmack Ma- crons. Der hätte gute Schlagzeil­en schon vor der Affäre um Benalla dringend brauchen können. In Umfragen befinden sich seine Werte nämlich im Sinkflug, nur noch 34 Prozent der Franzosen sehen seine Arbeit positiv. Kritik an seinem machtbeton­ten Regierungs­stil hält sich.

Innenminis­ter Gérard Collomb soll heute, Montag, im Parlament zur Affäre befragt werden. Benalla selbst wurde am Sonntag neben vier weiteren Verdächtig­en einem Untersuchu­ngsrichter vorgeführt. Zentrale Vorwürfe gegen den Leibwächte­r: Gewalt einer Person mit öffentlich­em Auftrag und Amtsanmaßu­ng.

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