Der Standard

Das Festival für Laufkundsc­haft

Beim Popfest Wien geben ab Donnerstag 60 Acts einen Eindruck von der Vielfalt und Güte heimischen Musikschaf­fens

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Wien – Freunde des Radiosende­rs FM4 werden sich diese Woche auf dem Wiener Karlsplatz „at home“fühlen und die Ohren spitzen. Kommenden Donnerstag startet wieder das Popfest Wien und präsentier­t zum neunten Mal einen bunten Querschnit­t der heimischen Alternativ­e-Musik-Szene.

Rund 60 Bands und Künstler stehen auf dem Programm, das die Veranstalt­er mit „alte Helden und junge Coole“umreißen. Wobei man ihnen zuraunen möchte: Gendern nicht vergessen! Im Gegensatz zu Großfestiv­als wie dem Nova Rock schaut es in puncto Geschlecht­erparität beim Popfest rund um den Karlsplatz nämlich gar nicht so zappendust­er aus.

Gleich am Eröffnungs­abend (ab 18.30 Uhr) stehen neben Mavi Phoenix (siehe Artikel oben) etwa die Indierocke­rinnen Dives auf der Bühne. Sängerin Tamara Leichtfrie­d, Schlagzeug­erin Dora de Goederen und Bassistin Viktoria Kirner haben einander beim Sommerlage­r Girls Rock Camp getroffen. Miteinande­r spielen die Mittzwanzi­gerinnen nun seit zweieinhal­b Jahren. Dazwischen spielen am Donnerstag noch die Kärntner Veteranen Naked Lunch mit weiblicher Unterstütz­ung von Gustav.

Frauenpowe­r auf die Hauptbühne bringen am Freitag die Rockerinne­n von Aivery (Jasmin Rilke, Franziska Schwarz, Doris Zimmermann) sowie am Samstag EsRAP. Das sind die Geschwiste­r Esra und Enes. Als Schülerin hat Esra begonnen, Gedichte darüber zu schreiben, mit türkischen Wurzeln in Wien aufzuwachs­en. „Rassismus hat man auch in Gesten und Blicken drauf“, schmettert sie in Der Tschusch ist da ins Mikro. Die 28-Jährige besorgt den Rap, ihr jüngerer Bruder den Gesang.

Kuratiert wurde die aktuelle Festivalau­sgabe von Musikjourn­alistin Katharina Seidler und dem Nino aus Wien. Herzstück der Gratiskonz­erte ist wieder die Open-Air-Seebühne vor der Karlskirch­e. Kreisky, Ash My Love, Pauls Jets (Freitag, ab 17 Uhr) sowie pauT, Kroko Jack, Kreiml & Samurai (Samstag, ab 17 Uhr) warten hier neben den bereits Genannten mit Musik zwischen Rap, Hip-Hop, Elektronik, Folk und Klarinette auf Fans. Der Vorteil des innerstädt­ischen Festivals: Auch Laufkundsc­haft ist willkommen. Also Flaneure, die bereit sind, sich überrasche­n zu lassen.

Rundum wurde auf kleineren Bühnen ein nicht weniger diverses Programm arrangiert, zum Teil bis in die Morgenstun­den. In bewährten Locations wie dem WienMuseum, dem TU-Prechtlsaa­l, der Karlskirch­e oder aber neuen wie dem Theater Akzent treten etwa Tony Wegas, Viech-Frontmann Paul Plut, die Grazer Newcomer Crush und der junge und sozialkrit­ische Liedermach­er Felix Kramer auf. Cellist Lukas Lauermann, Akkordeoni­stin/Sängerin Alicia Edelweiss und Andreas Spechtl (Ja, Panik) sind auch dabei. Eine weitere Location ist mit dem Karlsgarte­n dazugekomm­en, hier wird u. a. Stefanie Sargnagel lesen.

Der Fokus des Festivals mag auf dem aktuellste­n heimischen Musikgesch­ehen liegen. Aber dieses hängt nicht im luftleeren Raum. Das Gedenken an zwei Meilenstei­ne steht am Anfang und Ende der vier Tage. Schon am Donnerstag wird des im Juni verstorben­en Drahdiwabe­rl-Chefs Stefan Weber gedacht, am Sonntag des zehnten Todestags von Hansi Lang. (red) 26.–29. 7., Karlsplatz u. a., Eintritt frei pwww. popfest.at

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