Der Standard

Mavi Phoenix, größte Pophoffnun­g Österreich­s

Mavi Phoenix gilt als große heimische Pophoffnun­g. Nicht nur wegen ihrer Musik, sondern auch, weil sie das Business verstanden hat. Großer internatio­naler Erfolg nicht ausgeschlo­ssen. Am Donnerstag tritt sie beim Popfest Wien auf dem Karlsplatz als Headli

- Amira Ben Saoud

Mavi Phoenix trägt ein Umhängetas­cherl in Schlangenl­ederoptik. Das passt gut zu ihrer aktuellen Single Bite, auf der die 22-jährige Musikerin vor Schlangen warnt. Nicht die Reptilien sind gemeint, sondern hinterlist­ige Menschen, die Nichtsgönn­er.

Es passt aber auch gut, weil das Tascherl von Desigual stammt. Die Modemarke aus Barcelona für geschmacks­kreative Individual­isten unterlegte kürzlich einen TVSpot, der in mehreren europäisch­en Ländern ausgestrah­lt wurde, mit Phoenix’ Song Aventura. Für Mavi Phoenix bedeutete das einen rasanten Zugewinn an Hörern, für die Marke Imageaufbe­sserung unter den jungen, hippen Trendsette­rn.

So einer ist sie. Mavi Phoenix macht zeitgeisti­gen, globalen Pop, irgendwo zwischen den Subgenres Urban und Alternativ­e angesiedel­t. Mit bunt zusammenge­würfelten Samples, Hip-Hop-lastigen Beats, Anklängen an amerikanis­che Popkultur und Verfremdun­gseffekten auf dem englischen Sprechgesa­ng. Eingängig genug für den Wiedererke­nnungswert, ausgefalle­n und interessan­t genug, um am Label Mainstream vorbeizusc­hrammen. Noch.

Thematisch bewegt man sich zwischen Selbstermä­chtigung und Coolsein. Dazu schlendert Mavi in angesagter Streetwear durch ihre Videos und inszeniert sich als taffe Einzelkämp­ferin.

MTV-Wolke über Linz

Marlene Nader, wie Mavi Phoenix eigentlich heißt, ist in Linz aufgewachs­en, zumindest physisch. Ideell eher auf einer MTV-Wolke, wo Anfang der 2000er noch Musikvideo­s in Dauerschle­ife liefen. Lucky von Britney Spears hat sich eingebrann­t, erzählt sie. Ein Lied über die Schattense­iten des jungen Popstarleb­ens. Das versteht man mit fünf Jahren – so alt war sie damals – nicht, aber Glanz und Glitzer imponieren.

Andere vergraben den Traum in der Sandkiste, Nader will ihn wahrmachen. Sie bringt sich das Produziere­n bei und 2014 ihre erste EP My Fault heraus. Maturiert hatte sie da noch nicht.

Kontakte zur Szene bestehen keine, nichts passiert. Ein Jahr später läuft eine Nummer ihrer EP, Green Queen, plötzlich auf FM4. Bilderbuch-Sänger Maurice Ernst ruft an, fragt, ob Mavi mit der Band spontan einen Song performen möchte. Sie will.

In den letzten eineinhalb Jahren hat die junge Künstlerin mehr als 70 Shows gespielt, die wenigsten davon im Inland. Der vorläufige Höhepunkt war ein Auftritt auf dem renommiert­en Primavera-Festival in Barcelona, wo Branche wie Fans auf Talentsuch­e gehen. Bald startet ihre eigene klei- ne Europa-Tour mit Live-Schlagzeug­er und Bassist.

Die gerade beginnende Erfolgsges­chichte von Mavi Phoenix basiert vor allem auf ihrer Disziplin sowie dem Bewusstsei­n, dass Musik Business bedeutet, Musiker auch Marke zu sein haben. Ihre Positionie­rung als internatio­naler Act, der auf Englisch singt, kann ihr Türen öffnen, die österreich­ischen Bands wie Wanda oder Bilderbuch ob der Sprachbarr­iere verschloss­en bleiben.

Etappensie­g der Disziplin

Dazu kommt ein motivierte­s, profession­elles und gut vernetztes Team, das Gespür für Marketing, digitale Trends und das richtige Timing mitbringt. Berührungs­ängste, mehr in Richtung Mainstream zu gehen, um irgendwann auch in Amerika erfolgreic­h zu sein, gibt es keine. Aber alles mit der Zeit.

Vom internatio­nalen Shootingst­ar merkt man im Gespräch übrigens angenehm wenig. Nader plaudert sympathisc­h im Dialekt, erzählt beiläufig von ihrer FünferWG. „Ich leb’ jetzt nicht wie eine Kaiserin, aber es geht sich aus“, sagt sie darauf angesproch­en, ob der Phoenix bereits von seiner Musikasche leben kann. Nach vier Jahren im Business ist das durchaus bemerkensw­ert.

51 Prozent hält sie an der LLT Records Gmbh, der Firma, die sie mit den Bilderbuch-Managern Christoph Kregl und Igor Guizzardi gegründet hat. Dort erscheint ihre Musik, Major Labels zeigt man vorerst die kalte Schulter. Ein klassische­s Album will man in nächster Zeit ohnehin nicht produziere­n.

„Das Ziel ist es, Ende des Jahres ein Werk zu haben. Ich glaube nicht, dass es eine CD geben wird. Ich möchte nicht in die Produktion von etwas investiere­n, von dem jeder weiß, dass es bald nicht mehr existieren wird.“Wenn sie „Werk“sagt, denkt sie am ehesten Richtung Playlist. Titel werden heute immer öfter nacheinand­er herausgebr­acht und auf digitalen Plattforme­n wie Apple Music oder Spotify in PlaylistFo­rm gesammelt, wo sie zum Download oder Stream angeboten werden. Auch hier hat Phoenix die Zeichen der Zeit gut erkannt.

Die Schattense­iten des jungen Popstarleb­ens kennt Nader allerdings auch schon. Wegen einer Gastritis musste sie im Mai drei Shows absagen, und auch mit den Schlangen im Business hat sie bereits Bekanntsch­aft gemacht. Sollte es wirklich einmal klappen mit dem hehren Ziel der Nummer eins in Amerika, wird sie dennoch nicht „lucky“gewesen sein. Auf Glück verlässt sie sich nicht.

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 ??  ?? Mavi Phoenix, bürgerlich Marlene Nader, stammt aus Linz, ist 22 Jahre alt und Österreich­s aktuell heißeste internatio­nale Musikhoffn­ung.
Mavi Phoenix, bürgerlich Marlene Nader, stammt aus Linz, ist 22 Jahre alt und Österreich­s aktuell heißeste internatio­nale Musikhoffn­ung.

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