Der Standard

Hamiltons Triumph

Sebastian Vettels Traum vom Heimsieg beim Grand Prix von Deutschlan­d in Hockenheim endete im Reifenstap­el, der von Rang 14 gestartete Lewis Hamilton erbte in einer chaotische­n Regenphase den Sieg und die Führung in der Weltmeiste­rschaft.

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Viel von den Autos habe er nicht gesehen, erzählte Sebastian Vettel. Damals, als er sechsjähri­g erstmals nach Hockenheim kam, zu einem verregnete­n freien Training, bei dem die Piloten nur ein Minimalpro­gramm absolviert­en. Der kleine Sebastian fand trotzdem Gefallen, blieb dem Sport treu, wurde als großer Sebastian viermal Weltmeiste­r.

Gestern hat Vettel mehr von den Autos gesehen, zum Beispiel vor dem Start, beim Spaziergan­g zu seinem erstgereih­ten Ferrari. Der Deutsche konnte sämtliche Konkurrenz­karossen im Rückspiege­l betrachten, die seines größten Konkurrent­en Lewis Hamilton gar nur aus weiter Ferne. Der Brite war im Qualifying über die Kerbs gesegelt, hatte sich so die Hydraulik demoliert und ging nur von Rang 14 ins Rennen.

Der Start kam ohne Zwischenfä­lle und nennenswer­te Positionsw­echsel aus: Vettel kam gut weg, der neben ihm gestartete Valtteri Bottas konnte einen Angriff nicht einmal andeuten. Danach entwickelt­e sich das Rennen zu einer Demonstrat­ion der Zweiklasse­ngesellsch­aft der Königsklas­se.

Der Unterschie­d zwischen den drei Topteams und dem Rest des Feldes war offensicht­lich: Hamilton pflügte problemlos durch das Feld, war nach zehn Runden bereits auf Rang sieben angekommen.

71.000 Zuschauer waren am Renntag zum vorerst letzten Großen Preis von Deutschlan­d gekommen, das war der Bestwert seit der Ära Michael Schumacher. Der große Zuspruch könnte freilich zu spät gewesen sein, für 2019 gibt es keinen Vertrag. „Wir können und wollen nicht mehr ins finanziell­e Risiko gehen“, sagte Hockenheim­ring-Chef Georg Seiler, die Verantwort­lichen beim Nürburgrin­g sehen die Sache ähnlich.

Die 71.000 sahen lange Zeit eine von Reifenwech­seln unterbroch­ene Prozession. Vettel steckte nach seinem Stopp hinter Teamkolleg­e Räikkönen, funkte an die Box: „Das ist einfach nur dumm.“Räikkönen wurde von der Box zum Überholenl­assen aufgeforde­rt, sträubte sich etwas, ließ Vettel dann doch passieren.

In Runde 45 von 67 kam schließlic­h Regen, es war dies anfangs aber nur ein fleckenwei­ses Tröpfeln. Die Strecke wurde rutschiger – für den bis dahin entspannt führenden Vettel ein Verhängnis. Der Lokalmatad­or rutschte weg und landete via Kiesbett im Reifenstap­el. Out, verzweifel­te Schläge auf das Lenkrad.

Es ging drunter und drüber: Mercedes vergeigte bei Bottas einen panischen Reifenwech­sel, Räikkönen wechselte ebenfalls, so lag Hamilton hinter dem Safety Car unverhofft in Führung. Der Brite war auf halbem Weg in die Box wieder auf die Strecke abgebogen. Bottas überholte Hamilton nach dem Abschied des Safety Car, der fünffache Weltmeiste­r holte sich die Führung zurück.

Mercedes fuhr den Doppelsieg nach Hause, Hamilton übernahm 17 Punkte vor Vettel die WM-Führung und sagte: „Du musst immer daran glauben.“Der Deutsche analysiert­e trocken: „Ich habe es weggeworfe­n, ganz klar. Ich war ein wenig zu spät dran.“

Nach Rennende wurde Hamilton für sein Manöver in der Boxeneinfa­hrt vor die Stewards zitiert, kam aber mit einer Ermahnung davon. (schau)

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 ??  ?? Den Heimsieg holten die anderen: Statt Sebastian Vettel durfte Mercedes jubeln, es war der erste Doppelsieg der Silberpfei­le in Deutschlan­d.
Den Heimsieg holten die anderen: Statt Sebastian Vettel durfte Mercedes jubeln, es war der erste Doppelsieg der Silberpfei­le in Deutschlan­d.

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