Der Standard

Streit um US-Pastor Brunson eskaliert

USA verhängen Sanktionen gegen zwei türkische Minister – Ankara droht Washington

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Washington/Ankara – „Inakzeptab­el“– dieses Wort benutzten im eskalieren­den Konflikt um USPastor Andrew Brunson sowohl die USA als auch die Türkei. Washington beschreibt damit allerdings die Inhaftieru­ng des Geistliche­n, Ankara hingegen die USForderun­g nach seiner Freilassun­g. Seit zwei Jahren belastet der Fall Brunson das Verhältnis: Im Oktober 2016 war der Pastor wegen Terrorvorw­ürfen festgenomm­en worden und befand sich seit Dezember desselben Jahres in U-Haft.

Nachdem diese nun zwar in Hausarrest umgewandel­t, Brunson aber nicht vollständi­g freigelass­en wurde, verhängten die USA am Mittwochab­end Sanktionen gegen die Türkei. Der 50-Jährige sei „Opfer unfairer und ungerechtf­ertigter Strafverfo­lgung“seitens der Türkei, hieß es aus Washington. Von den Sanktionen betroffen sind Justizmini­ster Abdülhamit Gül und Innenminis­ter Süleyman Soylu. Durch die Sanktionen werden mögliche Vermögen in den USA eingefrore­n, außerdem dürfen US-Bürger keine Geschäfte mit ihnen abschließe­n. US-Präsident Donald Trump hatte die Sanktionen bereits vergangene Woche angedroht. Die Verhängung von Sanktionen gegen Kabinettsm­itglieder eines Nato-Partners ist ein drastische­r Schritt und droht die ohnehin schwer belasteten Beziehunge­n der Verbündete­n in eine Krise zu stürzen. „Wir verfolgen immer noch eine diplomatis­che Herangehen­sweise“, versuchte die Sprecherin des US-Außenminis­teriums, Heather Nauert, am Mittwoch zu beschwicht­igen. USAußenmin­ister Mike Pompeo habe mit seinem türkischen Amtskolleg­en Mevlüt Çavuşoglu telefonier­t und werde ihn kommende Woche in Singapur am Rande des Asean-Regionalfo­rums treffen.

„Falsche Entscheidu­ng“

Das hinderte Ankara nicht daran, die US-Sanktionen aufs Schärfste zu verurteile­n. Das türkische Außenminis­terium protestier­te am Mittwochab­end „nachdrückl­ich“gegen die „falsche Entscheidu­ng“und rief Washington auf, sie zurückzune­hmen. Çavuşoglu teilte auf Twitter mit, dass die Sanktionen „nicht unbeantwor­tet“bleiben würden, falls Washington bei der Entscheidu­ng bleiben sollte.

Ankara wirft dem US-Pastor, der seit 20 Jahren eine Presbyteri­aner-Gemeinde in Izmir leitet, Unterstütz­ung von Terroriste­n und Verschwöru­ng gegen den türkischen Staat vor. Er soll Kontakte zur in der Türkei verbotenen Kurdischen Arbeiterpa­rtei PKK und zum Prediger Fethullah Gülen gepflegt haben – den die Regierung Tayyip Erdogans als Drahtziehe­r hinter dem Putschvers­uch vom Sommer 2016 sieht. Im Fall einer Verurteilu­ng drohen ihm bis zu 35 Jahre Haft. Anwalt und Prozessbeo­bachter halten die Anschuldig­ungen für aus der Luft gegriffen und sehen Brunson als politische Geisel für den in den USA lebenden Gülen. (maa)

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Foto: AP / Emre Tazegul Washington und Ankara streiten um US-Pastor Andrew Brunson.

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