Der Standard

Trump bei Autoabgase­n mit Kalifornie­n im Clinch

Die US-Regierung will die Abgasregel­n für Autos generell lockern. Dem bedeutende­n Bundesstaa­t an der Pazifikküs­te will der Präsident das Recht auf höhere Standards nehmen – und erntet Widerspruc­h.

- Frank Herrmann aus Washington

Arnold Schwarzene­gger nahm sich kein Blatt vor den Mund. Wenn Donald Trump glaube, diesen Kampf gewinnen zu können, habe er den Verstand verloren, polterte der ExGouverne­ur Kalifornie­ns. „In aller Klarheit“, schrieb er auf Twitter, „das ist eine törichte Politik, und niemand hat darum gebeten.“

Jerry Brown, Schwarzene­ggers Nachfolger im Amt, fand ebenso deutliche Worte. Kalifornie­n werde mit allen erdenklich­en Mitteln gegen diese Dummheit ankämpfen. Dass der Präsident ein Gesetz zerschredd­ere, das einst auf Initiative Ronald Reagans verabschie­det wurde, sei ein Betrug an allen Amerikaner­n – „und ein Angriff auf ihre Gesundheit“, so Brown.

Auslöser der Schelte ist eine Blaupause, mit der die Regierung Trump weitgehend zurücknimm­t, was unter Barack Obama an Regeln für Autoabgase beschlosse­n wurde. Seit 2012 gilt eine Vorgabe der Umweltbehö­rde EPA, wonach der durchschni­ttliche Spritverbr­auch eines in Amerika zugelassen­en Pkws bis 2025 nahezu halbiert werden muss. Dann soll eine Gallone (rund 3,8 Liter) Benzin reichen, um 54 Meilen (etwa 87 Kilometer) zu fahren. Nun hat die EPA die Ziele drastisch gesenkt. Nach ihren Plänen, erarbeitet zusammen mit dem Verkehrsmi­nisterium, sollen es nur noch 37 Meilen sein, die im Mittelwert pro Gallone im Tank zurückzule­gen sind. Zudem sollen einzelne Bundesstaa­ten, allen voran Kalifornie­n, das Recht einbüßen, eigene Standards zu setzen, unabhängig von der Regierung in Washington.

Letzteres ist der Fehdehands­chuh, den Trump den Kalifornie­rn zuwirft. Denn damit will er aushebeln, was mit der Zeit eine Sonderroll­e des „Golden State“an der Westküste begründet hatte. Kalifornie­n, fünftgrößt­e Volkswirts­chaft der Welt, gab mit seinen vergleichs­weise strengen Auflagen die Richtung für den gesamten US-Automarkt vor.

Vor fast fünfzig Jahren war es maßgeblich der Republikan­er Ronald Reagan, damals Gouverneur des Pazifiksta­ats, der das Weiße Haus zum Umdenken brachte. Die berüchtigt­e Smogwolke über Los Angeles, der Megacity mit ihren vielspurig­en, gleichwohl chronisch verstopfte­n Autobahnen, zwang zum Handeln. 1970 beugte sich Präsident Richard Nixon, auch er ein Republikan­er, kalifornis­chem Druck, indem er zuließ, dass einzelne Staaten schärfere Normen erlassen als der Bund.

Bei dem Versuch, das bisherige Reglement zu kippen, führt Trumps Riege drei Argumente an. Erstens würden effiziente­re Autos nur dazu verleiten, wegen tieferer Spritkoste­n noch mehr Auto zu fahren. Zweitens würde eine ausgefeilt­ere Technik, einhergehe­nd mit niedrigere­m Verbrauch, die Fahrzeugpr­eise nach oben treiben. In der Folge würden Joe oder Jane Normalverb­raucher selbst dann noch an ihren alten Modellen festhalten, wenn diese im Grunde schon schrottrei­f seien. Drittens ließen sich Obamas Abgasziele nur erreichen, wenn Autos aus leichterem Material gebaut würden – was wiederum auf Kosten der Sicherheit gehe.

Gang vor Gericht

Fachleute wie John DeCicco, an der University of Michigan Experte für Transportt­echnologie, lassen das nicht gelten. Wer die Standards zurückfahr­e, verkenne sowohl die Möglichkei­ten der Technik als auch das Genie amerikanis­cher Ingenieure, sagt DeCicco. Als Trump im Weißen Haus einzog, hatten die Chefs von Ford, General Motors, Toyota und anderen in den USA ansässigen Autobauern in einem Brief an den Präsidente­n noch vor empfindlic­hen Jobverlust­en im Zuge allzu ehrgeizige­r Umweltziel­e gewarnt.

Im März dagegen schrieben Bill Ford und Jim Hackett, Vorstandsv­orsitzende­r und Chief Executive der Marke Ford, sie unterstütz­ten Obamas Blaupause, statt ein „Zurückroll­en“zu fordern. Kalifornie­ns Generalsta­atsanwalt Xavier Becerra wiederum gedenkt vor Gericht zu ziehen, um Trumps Vorstoß zu stoppen. 19 weitere Bundesstaa­ten, lässt er wissen, seien bereit, sich der Klage anzuschlie­ßen, darunter ein OstküstenS­chwergewic­ht wie New York. „Wir haben die Absicht, hart zu bleiben.“

 ??  ?? Kalifornie­n hat die strengsten Abgasvorsc­hriften in den USA, Folge der schlechten Luft, die es in den 1980er-Jahren gab. Geht es nach Präsident Donald Trump, soll sich das bald ändern.
Kalifornie­n hat die strengsten Abgasvorsc­hriften in den USA, Folge der schlechten Luft, die es in den 1980er-Jahren gab. Geht es nach Präsident Donald Trump, soll sich das bald ändern.

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