High Noon am Canale Grande
Am Donaukanal treibt die Ausschreibung der Flächen Grundeigentümer und Lokalbetreiber auseinander, aber auch die rot-grüne Stadtregierung. Die Qualität der verbleibenden Lokale ist durchwachsen.
An heißen Sommertagen wird es eng am Wiener Donaukanal, wo Fußgänger, Radfahrer, Barbesucher und Fitnessfanatiker um Platz ringen. Aber das ist nichts im Vergleich zu den Kämpfen, die zwischen Lokalbetreibern und der Stadt Wien ablaufen – und für Zoff in der rot-grünen Stadtregierung sorgen.
Schon 2016 äußerte der Rechnungshof massive Kritik: Die Flächen am Kanal seien zu billig verpachtet worden. Auch dass ein Pächter mehrere Flächen hält, wurde bekrittelt. Ende letzten Jahres reagierte die Stadt. Sechs Flächen zwischen Augarten- und Franzensbrücke wurden neu ausgeschrieben: der Tel Aviv Beach, die Adria Wien, das Feuerdorf, die Badeschiff-Vorkaifläche, der Central Garden und die Hafenkneipe. Die Verträge mit den Betreibern dieser Lokale laufen spätestens im Oktober 2018 aus. Zwar können sie sich erneut bewerben, jedoch nur für eine Fläche. Ein Problem stellt das etwa für den Betreiber der Adria Wien und des Badeschiffs, Gerold Ecker, dar. Er kündigte rechtliche Schritte gegen die Neuauflagen an und beteiligte sich nicht an der Ausschreibung.
Laut der DHK, der Donau-Hochwasserschutz-Konkurrenz, in der Bund, Wien und Niederösterreich vertreten sind und die als Grundeigentümerin die Flächen ausgeschrieben hat, sind rund 40 Projekte in der finalen Phase. Unter ihnen auch aktuelle Betreiber; etwa das Feuerdorf oder die Hafenkneipe. Letztere hat ein „Bittschrei-
Verträumt und idyllisch präsentiert sich die Summerstage fernab der angesagten Trampelpfade am Kanal. Sie ist der, für hippe Leute, eher uncoolere Platz am Donaukanal. Hier ist es nicht notwendig, seinen durchtrainierten, sonnengebräunten Body jedem zu zeigen, der ihn nicht sehen will, oder den Champagnerkühler aus allen Perspektiven zu fotografieren – vorausgesetzt, Hausherr Ossi Schellmann vermietet die Location nicht gerade für eine C-Promi-Veranstaltung. Wer nicht auf Schellmanns Terrasse sitzen mag, kann auch in eines der anderen Lokale ausweichen. Wahrscheinlich wäre es aber ein Fehler, ist es doch der netteste Platz der Summerstage – vor allem wenn man direkt am Wasser sitzt. Was hier serviert wird, darf durchaus als solide und bemühte Sommerküche bezeichnet werden. Bei frittierten Ährenfischerln oder gegrilltem Ziegenkäse kann man auch wenig falsch machen. Steinpilzravioli verlangen da schon mehr Gespür. Die Tascherln geraten etwas letschert und schwimmen in Buttersuppe. Eine Anlehnung an den Donaukanal? Dann schon lieber auf den Punkt gebratene Lachsforelle mit Erbsenpüree und geschmorten Tomaten.
Roßauer Lände 17, 1090 Wien p www.summerstage.at
Eine Reihe von Gastronomen beschwert sich, es sei schwierig, hierzulande kompetentes und freundliches Servicepersonal zu finden. Bernd Schlacher muss also entweder ein richtiger Glückspilz sein oder seinen Mitarbeitern etwas bieten, das sie woanders nicht bekommen. Der Szenegastronom scheint seit Jahren ein gutes Händchen für Personal zu haben. Aber auch sonst dürfte er einiges richtig machen. Das Motto am Fluss spricht Fine-Dining-Liebhaber ebenso an wie Menschen, die gerne leistbares Essen in ausgezeichneter Qualität genießen wollen. Direkt am Donaukanal, integriert in die Schiffsanlegestelle des Twin City Liners, findet man ein Restaurant im venezianischen Stil der 1950er-Jahre. Darüber befindet sich das Café mit Sonnenterrasse. Nicht nur der Ausblick auf den Kanal, auch die servierten Speisen im Café machen große Freude. Steaksandwich zum Beispiel kommt als rosa gebratenes Beiried in knusprigem Öfferl-Baguette mit karamellisierten Zwiebeln und Babymangold daher und schmeckt süchtigmachend köstlich. Diese Glücksgefühle können nur noch der Platz direkt in der Sonne oder das überaus freundliche Personal toppen.
Franz-Josefs-Kai 2, 1010 Wien p www.mottoamfluss.at ben“verfasst: „Auch wenn man Glanz und Gloria aus dem Kanal machen möchte“, ihre Ecke könne nicht mit der passenden Infrastruktur aufwarten.
Die Konfliktlinien verlaufen aber nicht nur zwischen den jetzigen Betreibern und der DHK. Sondern auch zwischen Rot und Grün im Rathaus. Uschi Lichtenegger, Bezirksvorsteherin der Leopoldstadt (Grüne), forderte die zuständige Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) auf, ihr „Vorgehen in Sachen Neuausschreibung der öffentlichen Flächen am Donaukanal sofort zu unterbrechen“. Und auch Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) zeigte Sima die rote Karte. Die Ausschreibung enthalte Passagen, „die mich befürchten lassen, dass hier Fastfoodketten und Luxusgastronomie als einzige gewinnen können“, sagte sie nach Bekanntwerden der Ausschreibung. Zu ihrer Kritik stehe sie nach wie vor, heißt es in ihrem Büro: „Wir wollen vielfältige Nutzungsmöglichkeiten statt Gewinnmaximierung am Donaukanal.“
Wer bleiben darf, soll bis Sommerende feststehen. Nicht betroffen sind die Summerstage, das Badeschiff, das Motto am Fluss und die Blumenwiese. Letztere erhielt ohne öffentliche Ausschreibung Anfang 2017 der Gastronom Philipp Pracser.
der STANDARD hat sich Ambiente und Essen in den verbleibenden Lokalen genauer angesehen. Das Fazit: Es gibt noch Luft nach oben.
Und plötzlich war da eine Blumenwiese – der neue Beachclub am Donaukanal, der größer und moderner sein sollte als alles, was man bisher am Rande der Kaimauer gesehen hat. Der künstlich angelegte Strand mit jeder Menge Liegestühle lässt schlimme Pauschalurlaubserinnerungen wach werden. Zum entspannten Verweilen laden Lounges mit riesigen Sofaecken ein. Wer es nicht ganz so gemütlich braucht, kann seinen Sommerspritzer auch auf einem der massiven Holzpfosten einnehmen, die als Sitzgelegenheiten dienen. Wo serviert wird und wo man sich sein Getränk selbst holen muss, ist nicht klar. „Hier ist wohl Selbstbedienung“, konstatiert ein Gast nach viertelstündiger Wartezeit. Wer zu den glücklichen Sesselsitzern gehört, bekommt aber zumindest Trink- und Essbares zu Tisch gebracht. Der Double Cheeseburger mit Dry Aged Beef gelingt überraschend saftig. Obwohl das Bun mindestens genauso trocken ist wie der Schmäh des Servierpersonals, muss sich die Blumenwiese beim Essensangebot nicht verstecken. Salate in ausgefallenen Varianten sind eine willkommene Abwechslung – solange man sie nicht im Liegestuhl oder am Pfosten zu sich nimmt.
Obere Donaustraße 100/1, 1010 Wienp www.dieblumenwiese.at
Es gab irgendwann diesen Moment, als aus dem ursprünglich attraktiven Badeschiff ein ziemlich abgenutztes, mit Werbebannern vollgehängtes Schwimmteil wurde. Die zusammengeschusterte Bar oder der wie ein Fremdkörper wirkende Fußballkäfig über dem nicht mehr ganz so sauberen Pool wirken wenig einladend. Berliner, die ihr eigenes Badeschiff haben, werden diesem Koloss eher Parallelen zu einem besetzten Haus in Kreuzberg attestieren. Mit den Jahren hat sich nicht nur die Einrichtung mehrmals geändert, auch das Lokalkonzept wechselte regelmäßig. Viele Gäste, die hier teilweise stundenlang bei einem (gratis) Wasser auf den vergilbten Liegestühlen in der Sonne liegen, scheint das nur wenig zu kümmern. Auch das Servicekonzept (Essen bestellen und bezahlen, 15 Minuten warten, zur Küche gehen und fragen, wieder zum Tisch gehen, weil noch nicht fertig, zehn Minuten später das mittlerweile kalte Essen abholen) wird kommentarlos hingenommen. Zum Glück ist die abgekühlte Wurst im staubtrockenen Hot-Dog-Weckerl aber zumindest in ordentlich Sauce ertränkt. Gut, wenn man beim Abholen des Essens auch an Servietten gedacht hat.
Donaukanal (Höhe Urania), 1010 Wien p www.badeschiff.at