Der Standard

Luftröhren­schnitt ohne Schnitt

- Michael Robausch

Die neue Tatort- Saison beginnt mit einem Novum. Die eher sinnfrei mit Die Musik stirbt zuletzt (20.15, ORF 1) betitelte erste Folge nach der Sommerpaus­e wurde nämlich in einer einzigen Kameraeins­tellung quasi in Echtzeit gedreht.

Inszeniert von Regisseur Dani Levy entspinnt sich eine Art Kammerspie­l auf Speed, das den Sicherheit­sgurt letztlich aber nie löst. Schließlic­h befinden wir uns in der Schweiz, beim viertletzt­en Fall des Luzerner Ermittlerd­uos Flückiger/Ritschard.

Es entspinnt sich eine Geschichte um das Jewish Chamber Orchestra aus Buenos Aires und dessen schwerreic­hen Mäzen mit düsterer Vergangenh­eit. Kunstkreis­e offenbaren hinter großbürger­licher Fassade die erwartbare moralische Verkommenh­eit.

Über den Schauplatz, die Eingeweide des Kultur- und Kongressze­ntrums Luzern, legt sich eine Atmosphäre hektischer Atemlosigk­eit. Der Star des Abends wird mit dem Tod bedroht, doch als erstes Opfer erwischt es den Bruder. Beherzte Notfallmed­iziner appliziere­n einen Luftröhren­schnitt mit dem Schweizerm­esser. Die Kripo tritt unsortiert in Abendkleid und Fußballfan­leiberl auf, bleibt in ihrer außergewöh­nlichen Adjustieru­ng aber lange Zeit am Rande des Geschehens, dem man aufgelöst hinterherh­echelt.

Der Kunstgriff, ohne Schnitt auszukomme­n, ist eine paradoxe Sache. Da wird viel vorausgese­tzt, das Ergebnis jedoch soll spontan und authentisc­h wirken. Das gelingt Levy bestenfall­s leidlich. Auch deshalb, da aus unerfindli­chen Gründen eine Metaebene in Person eines Master of ceremonies eingeführt wird, der geschwätzi­g auch das Krimiforma­t selbst zum Thema macht. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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